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 Die Wölfe ~Zwei Streuner~

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Enrico
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BeitragThema: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMo Nov 10, 2008 8:45 pm

Kleines Vorwort:

Das erste Buch meiner langen Wölfereihe. Momentan veruche ich es zu Ende zu bringen und mich sprachlich zu verbessern. Wem also Fehler auffallen, der kann sie hier gern aufzählen. Ich freu mich über jeden Verbesserungsvorschlag. Immerhin muss ich noch viel lernen. Natürlich ist auch Lob gern gesehen^^.

Klappentextversuch:

Zwei Jungen,
Zwei Welten,
Ein gemeinsames Schicksal!


Eigentlich lief in Enricos Leben alles gut. Noch nie zuvor hatte er so gute Noten und obwohl er noch gut ein Jahr die Schulbank drücken muss, bekommt er schon ein Angebot für eine Lehrstelle. Was könnte ihm besseres passieren? Wäre da nicht der neue Freund, dem er beim Skaten im Park begegnet.

Toni ist dünn, beinahe schon mager. Nur selten bekommt er etwas zu Essen. Schläge gehören zu seinem Alttag wie die Morde, die er im Auftrag seiner Gang erledigen muss und obwohl er alles tut, was sein Mentor ihm aufträgt, ist Tonis Leben hart und ungerecht. Eingesperrt im Hauptquartier seines Clans, darf er nur für wenige Stunden das Hochhaus verlassen. Klar, dass Toni da zunächst misstrauisch reagiert, als er im Park auf einen Jungen trifft, der ohne Grund freundlich zu ihm ist.

Was als simple Freundschaft beginnt, sollte bald Enricos und Tonis Leben für immer verändern!



Die Wölfe
~Zwei Streuner~


Prolog


Halb sieben in Deutschland, die ersten Sonnenstrahlen erwärmen die Straßen und Häuser der Stadt. In den Fenstern und Fassaden der Geschäfte spiegelten sie sich wieder, tauchten alles in ein gemütliches Orange.
Die Vögel auf den wenigen Bäumen, zwischen den einzelnen Häusern, begrüßten den Morgen und wurden je von dem ersten Berufsverkehr des Tages übertönt. Das Dröhnen der Motoren und der Gestank der etlichen hundert Auspuffe, erfüllten die Luft.
In einem der vielen Pkws saß ein Junge, von gerade 15 Jahren. Den Ellenbogen aus dem geöffneten Fenster gelehnt sah er der Stadt beim Aufwachen zu. Hochhäuser, so viel größer als er selbst, erstreckten sich entlang des Weges, über den ihn der rostige Fiat trug. Hier und da öffneten Geschäfte ihre Türen, wurden Werbetafeln und Aufsteller von den Angestellten auf den Gehwegen platziert und immer mehr Menschen verstopften die Fußwege und Ampelkreuzungen.

“Hast du für die Englischarbeit gelernt?”, ertönte es neben dem blonden Jungen mit der Strubbelfrisur. Sein großer Bruder saß am Steuer des Fiats und fuhr ihn wie jeden Morgen zur Schule. Ein Ritual das immer gleich vollzogen, dieselben Fragen aufwarf. Hatte er die Hausaufgaben erledigt? Sich gut genug auf die Schule und die Arbeiten vorbereitet?
“Nein!”, gab der Blonde seinem Bruder trotzig zurück und sah noch immer aus dem geöffneten Fenster. Er brauchte nicht lernen, schon lange hatte er alle Vokabeln im Kopf. Oft genug hatten sie diese im Unterricht durchgenommen.
“Enrico!”, schallte es dennoch vom Fahrersitz neben ihm. Drohend hatte sein Bruder die Stimme erhoben. Gute Noten waren ihm wichtig, bald wichtiger als Enrico selbst.
“Ich kann die Vokabeln auswendig. Ich musste nicht lernen!” Ein gelangweilter Seufzer verließ Enrico währen er den Kopf auf der geöffneten Handfläche abstützte. Die neunte Klasse der Realschule war keine Herausforderung mehr für ihn. Regelmäßig langweilte er sich im Unterricht und auch die Arbeiten, die ständig geschrieben wurden, waren kein Anreiz zum Lernen. Wenn die Schule doch nur schon aus wäre und er sich beim Fußball hätte austoben können.
“Du hast einen Durchschnitt von 1,0. Versau dir das nicht leichtfertig.”, tadelte sein Bruder weiter. Die Augen rollend hörte sich Enrico auch das an. Als ob er sich für eine weitere Eins besonders hätte anstrengen müssen.
“Ich bitte dich. Es sind nur noch zwei Wochen bis zu den Sommerferien. Selbst mit ner Sechs hätte ich noch das beste Zeugnis der ganzen Klasse!”
“Wag es ne Sechs mitzubringen, dann kannst du in Zukunft laufen!”, folgte eine erneute Androhung. Er würde schon eine gute Note schreiben, so wie immer. Dazu brauchte er keine Ermahnung. Um das leidige Thema endlich zu beenden, schnitt Enrico ein anderes an:

“Bleibt’s bei deinem Versprechen, dass wir Mutter besuchen, wenn ich nur Einsen auf dem Zeugnis habe?”
“Mal sehen!”
“Mal sehen?” Das war ja wieder typisch. Immer wenn es um ihre Eltern ging, hüllte sich sein Bruder in Schweigen. Wie oft hatte er ihm schon versprochen, sie würden wenigstens ihre Mutter besuchen, wenn der Vater schon zu weit weg wohnte. So leid war er es, im Heim zu leben, ohne zu Wissen warum und ohne Erinnerung an seine Eltern. Er wollte doch nur erfahren, woher er kam, mehr nicht.
Ein wütendes Mimikspiel begleitete Enrico, als er sich endlich zu seinem Bruder umdrehte.
“Raphael! Ich hab mich doch nicht das ganze Jahr über angestrengt, nur damit du mal wieder nen Rückzieher machst! Du hast es versprochen!” Drei Jahre versuchte Enrico nun schon die Wette mit seinem Bruder zu gewinnen. Einen Durchschnitt von 1,0 zu erreichen, damit Raphael endlich sein Versprechen einlöste. Nächtelang hatte er gelernt, um besser zu werden und nun sollte das alles umsonst gewesen sein?
“Ich hab gesagt mal sehen und jetzt raus hier, bevor du schon wieder zu spät kommst!” Anstelle einer Antwort parkte Raphael den Fiat auf dem großen Platz vor dem Schulgebäude. Über seinen kleinen Bruder gebeugt öffnete er die Tür für ihn, um ihn und seine lästigen Fragen los zu werden.
“Ich denk nicht daran, nicht bevor du mir schwörst, dass wir hinfahren!”, blieb Enrico eisern. Er wollte es endlich wissen. Warum waren sie vor 12 Jahren auf und davon und konnten seitdem nicht mehr nach Hause zurück?
“Du hast noch etliche Arbeiten vor dir, also muss ich noch gar nichts schwören und jetzt verschwinde, bevor du dir noch einen Verweis wegen Unpünktlichkeit fängst.” Damit war das Thema für Raphael abgehakt. Mürrisch stieg Enrico aus und schlug die Tür mit Schwung hinter sich zu. Die wenigen Arbeiten, die er noch zu schreiben hatte, würde er auch mit eins bestehen, dann gab es für Raphael keine Ausflüchte mehr:
“Du kommst nicht drum herum! Dieses Mal schaffe ich die 1,0!” Um das Vorhaben sofort in die Tat um zu setzten, lief Enrico los, den Treppen entgegen, die ins Innere der Schule führten. Schließlich verlor sich seine Gestalt hinter der Glastür, die ihm Einlass gewährte und ließ den großen Bruder allein auf dem Parkplatz zurück.
“Das weiß ich. Das ist es ja, was mir Sorgen macht!”, folgte ihm ein leiser Seufzer.


Zuletzt von Enrico am Mo Nov 10, 2008 9:56 pm bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMo Nov 10, 2008 9:03 pm

Wow!
Der Anfang hat mich echt schon mitgerissen, weil er viele Fragen aufwirft. Das mag ich.
Ich bin echt gespannt, wie's weitergeht!

Hier ein paar Dinge, die mir aufgefallen sind:

Zitat :
Als ob er sich für eine weitere Eins besonders hätte anstrengen müsste.


Da meintest du am Schluss wohl "müssen", nicht "müsste", oder? o.O

Zitat :
[...] Selbst mit ner Sechs hätte ich noch das beste Zeugnis der ganzen Klasse!”

Es stört mich zwar überhaupt nicht beim Lesen. Aber solltest du den fertigen Roman mal veröffentlichen wollen, weiß ich nicht, ob du "ner" statt "einer" schreiben darfst. Ich meine...dürfen ja, kann dir ja keiner verbieten. Aber das ist eher Umgangssprache, dass man abkürzt, glaub ich.
Ist keine Kritik eigentlich, ist mir nur grade eingefallen. ^^
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMo Nov 10, 2008 9:35 pm

Oh, so schnell schon ein Kommentar und dann auch noch ein Lob und was gefundenes^^.
Ich werd das müsste ausbessern und zu der Umgangssprache:

Du hast sicher recht, das man das beim Veröffentlichen, nicht unbedingt drin haben sollte, nur ist die Stelle die du da gefunden hast, wörtliche Rede. Blöd wenn ich meinen sächsichen Protagonisten die hochdeutsche Sprache aufzwingen müsste. Wie glaubwürdig würde dann der Roman wirken? Sollche Sprachlichen Sachen nehm ich nur wenn meine Personen sprechen und ich denke schon das selbiges erlaubt ist, sonst wären ja die ausgedachten Sprachen in manchen Fantasyromane auch nie gedruckt wurden.


Zuletzt von Enrico am Mo Nov 10, 2008 9:57 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMo Nov 10, 2008 9:42 pm

Aahh... XDDD ....dass das wörtliche Rede ist, hab ich gar nicht überrissen. Ich mein, hab ich schon. Aber...naja...mein wirrer Gedankenkasten (= Kopf) mal wieder. ^^
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyDi Nov 11, 2008 9:18 am

So nun zum ersten Kapitel. Mit dem ich nicht ganz so zufrieden bin. Es ist nicht wirklich spannend, nur das ganz normale Leben, aber ich brauchte den Gegensatz zum zweiten Kapitel. Naja egal ich überlasse es mal eurem Urteil:

1.Kapitel
~Die coole Drachenjacke~


Die erste Stunde Englisch, das kam Enrico gerade recht. So konnte er die nächste Eins sofort schreiben. Ohne Umwege und mit einem finsteren Blick, lief er durch das Schulhaus. Die Freunde die ihn Unterwegs begrüßten, nahm er gar nicht wahr. Schnurstracks steuerte er auf das Klassenzimmer zu.
“He Enzo, wasn los?”, wollte sein bester Freunde wissen, der ihn auf seinem Weg begleitete. Seite an Seite, verfolgte er ihn schon seit der Empfangshalle und hatte auch über die etlichen Stufen, die sie gehen mussten, mit ihm Schritt gehalten.
“Mein Bruder, er will sein Versprechen nicht halten!” Noch immer wütend, voran getragen von zügigen Schritten, bog Enrico um eine Ecke des Flures, den sie über das Treppenhaus erreicht hatten. Er hatte so hart für dieses Zeugnis gearbeitet, auch wenn ihm die letzten Arbeiten nicht mehr so schwer fielen, so hatte er zuvor viel aufholen müssen. Immerhin hatte er noch vor drei Jahren gerade so die Versetzung geschafft. Das war nicht fair.

Nur noch wenige Schritte, dann hatte er das Klassenzimmer erreicht. Die Tür stand offen, so dass er ungehindert weiter laufen konnte. Durch den Türrahmen, vorbei an zwei Tischen, führte ihn sein Weg zielstrebig zum Lehrerpult. Mit einem Stapel Papier in der Hand, wollte sich ihr Klassenlehrer, Herr Müller, gerade auf seinem Stuhl nieder lassen und sich und seine Schüler auf die bevorstehende Arbeit vorbereiten. Die Geduld ihm zuzuhören hatte Enrico jedoch nicht. Statt sich auf seinen Platz zu setzen und ab zu warten, bis der Lehrer die Klassenarbeit verteilte, nahm er sich einfach ein Blatt vom Stapel.
Die Vokabeln, das bisschen Grammatik und die wenigen Sätze zum Übersetzen würde er leicht hin bekommen und seinem Bruder beweisen, dass er sehr wohl in der Lage war, auch in dieser Arbeit eine Eins zu schreiben.
Während ihm die verstörten Blicke seines Lehrers und die seiner Klassenkammeraden folgten, ließ sich Enrico auf seinem Platz nieder. Der Ranzen flog neben ihm zu Boden und die Arbeit auf seinen Tisch. Schnell war die Federtasche ausgepackt und ein Stift in selbiger gefunden, um mit ihm die Aufgaben zu lösen.
“Sehen sie’s nicht so eng, er hatte Stress mit seinem Bruder!”, konnte Enrico seinen Freund sagen hören, während er schon die erste Aufgabe löste. Das Alex mal wieder die Situation entschärfte war ihm ganz recht. Streit mit dem Klassenlehrer war das Letzte, was er im Moment gebrauchen konnte. Nur für einen kurzen Moment hob Enrico den Kopf, um zu sehen, wie Herr Müller reagieren würde. Als er sich seufzend auf seinem Stuhl nieder ließ und statt sich aufzuregen, lieber dem Rest der Klasse die Aufgaben erklärte, wand Enrico sich wieder der Arbeit zu. Schnell waren die ersten zwei Aufgaben gelöst, der erste Satz übersetzt. Das neben und hinter ihm getuschelt wurde, nahm er gar nicht wahr. Was die anderen jetzt von ihm dachten, spielte sowieso keine Rolle. Erst als sich eine Hand auf seine Schulter legte sah Enrico wieder auf. Alex war es, der noch einmal seine Aufmerksamkeit einforderte, bevor auch er auf seinem Stuhl Platz nahm.
“Dafür darf ich morgen in Mathe von dir abschreiben!”, ließ er ihn wissen, bevor sich seine Schritte hinter Enrico verloren. Eine Bankreihe, genau hinter ihm, ließ sich sein bester Freund fallen und beschäftigte sich mit seinem Rucksack. Ein Schmunzeln machte sich nach seinen Worten auf Enrico Gesicht breit. Als wenn Alex für die Erlaubnis etwas hätte tun müssen. Das Abschreiben voneinander war in den Mathearbeiten schon längst zu einem Ritual geworden.

Das Läuten der Schulglocke kündigte den Beginn der Stunde an. Ganz allmählich wurde es ruhig in der Klasse. Herr Müller begann damit, die Arbeiten auch den restlichen Schülern auszuhändigen, woraufhin ein leises Stöhnen durch die Reihen ging. Auf die Klassenarbeit waren wie immer nur die wenigsten vorbereitet. Hier und heute würde sich sicher die ein oder andere Versetzung entscheiden. Enrico aber störte sich ausnahmsweise nicht daran. Mühelos ließ sich, mit dem erlernten Wissen, Aufgabe um Aufgabe lösen, bis nur noch eine übrig blieb. Eine letzte Vokabel, ein letztes mal schrieb Enrico auf das Blatt seine Antwort, dann stand er auf. Während alle noch kräftig am Schreiben waren, und noch gut eine halbe Stunde Zeit hatten, um alle Aufgaben zu lösen, war er schon fertig. Zeit genug, sich Wichtigerem zu widmen. Während die Arbeit auf dem Tisch zurück blieb, begann Enrico in seinem Ranzen zu wühlen. Argwöhnisch wurde er dabei von Herrn Müller beobachtet. Zum Vorschein kam jedoch kein Spickzettel, sondern ein Fußball. Jetzt wo auch diese Arbeit geschrieben war, hatte er sich ein wenig Erholung verdient, fand Enrico und nahm den beschriebenen Zettel vom Tisch. Der Verwirrte Blick seines Lehrers folgte ihm, bis er das Lehrerpult erreicht hatte.
“Hier, und wehe, sie finden auch nur einen Fehler!”, ließ Enrico ihn wissen und warf die Arbeit auf das Pult. Ausgestattet mit seinem Fußball schickte er sich danach an zu gehen.
“Wo willst du hin?”, schalte ihm die dunkle Stimme seines Lehrers auf dem Weg zur Tür nach.
“Raus, damit ich die anderen nicht störe!” Noch einmal wand Enrico seinen Blick zurück, richtete ihn auf Alex und erntete von ihm einen erhobenen Zeigefinger. Ein breites Grinsen gepaart mit herausgestreckter Zunge konterte Enrico diesem, dann öffnete er die Tür und verschwand, ohne eine Erlaubnis oder den Protest seines Lehrers abzuwarten. Was sollte er auch eine halbe Stunde lang im Klassenzimmer, wenn sie bis zum Ende der Stunde mit der Arbeit beschäftigt waren.
“He junger Mann, so…!”, waren die letzten Brocken von dem, was Herr Müller rief, bevor Enrico die Tür hinter sich zu warf.

Endlich frei, zumindest für eine halbe Stunde. Über das Treppenhaus lief Enrico zurück ins Erdgeschoss. Eine weitere Treppe brachte ihn zu einer Tür und durch sie in den Schulhof. Frische Luft und endlich ein bisschen Bewegung. Kaum war die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen, da ließ Enrico seinen Ball schon zu Boden fallen und trat ihn vor sich her. Bis zum großen Fußballfeld schoss er ihn immer wieder von sich weg, nur um ihm nach rennen zu können. Das wäre sicher auch etwas für Alex gewesen, aber der arme Kerl musste ja noch immer die Englischarbeit schreiben. Ein schelmisches Schmunzeln legte sich auf Enricos Lippen. Das Lernen hatte doch etwas Gutes, musste er sich eingestehen.
Nach wenigen Metern war der große Sportplatz erreicht und über das Fußballfeld auch die alte Sporthalle. Die Wand des Gebäudes war ideal zum Üben und so schoss Enrico den Ball immer wieder dagegen. Ohne Mitspieler musste es auch so gehen. Die erste viertel Stunde verbrachte Enrico damit, das alte Bauwerk unter Beschuss zu nehmen. Bis zum Training am Nachmittag konnte er nicht mehr warten, um sich auszutoben.
Erst ein seltsames Gefühl ließ ihn inne halten, den Ball unter seinem Fuß stoppen. Beobachtete ihn etwa jemand? Ganz deutlich konnte Enrico einen Blick auf sich spüren, aber außer ihm war niemand hier. Die erste Stunde war noch nicht vorbei und bis zur langen Hofpause war noch Zeit und trotzdem, das Gefühl wollte nicht verschwinden.
Von dem nahen Schulgebäude wanderte Enricos Blick zur Straße vor dem Sportplatz. Hinter dem Zaun, der den Schulhof umgab, stand ein Junge, beinah so alte wie er selbst. Mit finsterem Blick sah er zu ihm, die schulterlangen, schwarzen Haare, die sich an ihrer Spitze zu kleinen Locken zusammen drehten, fielen ihm ins verschwitze Gesichte, während seine Augen eindeutig auf ihm hafteten.
“Du schon wieder!”, murmelte Enrico vor sich hin. Den Jungen, mit der schwarzen Lederjacke und der dunklen Hose, hatte er hier schon oft gesehen. Ein Schüler war er zwar nicht, aber er kam beinah jeden Tag hier vorbei. Er blieb immer am Zaun stehen, sah grimmig über den Schulhof und alle die auf ihm spielten, beinah so, als wenn er einen Groll gegen alle Anwesenden hegen würde.
Ein gewisser Hass lag auch jetzt in seinem Blick. Was ihn wohl so finster stimmte? Vielleicht konnte ja eine Einladung zum Spiel ihn aufmuntern?
“He…?”, zu mehr kam Enrico allerdings nicht. Er hatte den Anfang seiner Frage noch gar nicht zu Ende gebracht, da lief der Fremde schon weiter. Erst langsam dann zunehmend schneller, bis sich seine Gestalt in einer Seitenstraße verlor.
“Seltsamer Typ, aber die Jacke ist cool!”, musste Enrico eingestehen. Als der Fremde ihm den Rücken zu gedreht hatte, kam auf der Rückseite der Jacke ein roter Drache zum Vorschein. Von rechts nach links schlängelte er sich über das Leder und umklammerte dabei eine rote Schrift. ~Red Dragon~ So eine Jacke hätte Enrico auch gefallen. Woher der Fremde sie wohl hatte?


Zuletzt von Enrico am Di Nov 11, 2008 12:52 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyDi Nov 11, 2008 11:32 am

Also der Anfang ist schon wirklich vielversprechend und ich finde auch, dass nicht jedes Kapitel Hochspannung pur sein muss. Es sollte auch mal "ruhigere" Kapitel geben. Also Abwechslung. Wenn nur Spannung da ist, wirds auch irgendwann "uninteressant"...Ich mag Steigerungen. Also für mich muss es nicht ganze Zeit spannend sein. So kann ich auch mal durchatmen Wink Wenn du verstehst, was ich meine.

Was mir aufgefallen ist im ersten Kapitel.

Zitat :
Immerhin hatte er noch vor drei Jahren gerade so die Versetzung geschafft
<-- Jahren müsste es hier heißen.

Zitat :
Die Geduld ihm zu zuhören hatte Enrico jedoch nicht.
<-- Schreibt man zu zu hören nicht zusammen? Zuzuhören? Bin mir selbst nicht ganz sicher.

Zitat :
Schnell war die Federtasche aus gepackt und ein Stift in selbiger gefunden, um mit ihm die Aufgaben zu lösen.
<-- ausgepackt Wink

Zitat :
Das neben und hinter ihm getuschelt wurde, nahm er gar nicht war.
<-- er nahm es gar nicht wahr

Zitat :
Das Abschreiben voneinander, war in den Mathearbeiten, schon längst zu einem Ritual geworden.
<-- mit Beistrichen hab ich's selbst nicht so, aber die beiden gehören da nicht hin, denke ich.

Zitat :
Herr Müller begann damit, die Arbeiten auch den restlichen Schülern aus zu händigen, woraufhin ein leises Stöhnen durch die Reihen ging.
<-- auszuhändigen

Zitat :
Mühelos ließ sich, mit dem erlernten Wissen, Aufgabe um Aufgabe lösen, bis nur noch eine übrig blieb

Zitat :
Während alle noch kräftig am Schreiben waren, und noch gute eine halbe Stunde Zeit hatten, um alle Aufgaben zu lösen, war er schon fertig
<-- bei gute gehört das e weg!

Im letzten Absatz sind mir noch einige "e's" zuviel aufgefallen. Vielleicht magst du die selbst suchen, damit ich nicht alles rauskopieren muss Wink

Und ja, also mir gefällt das erste Kapitel! Man erfährt mehr über Enrico und das find ich gar nicht schlecht in dieser Form Wink Also mir gefällts Very Happy Bitte schnell weiter Very Happy
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyDi Nov 11, 2008 11:47 am

Danke für die aufbauenden Worte. Ich bin mir eben über das Kapitel sehr unsicher. Der wirkliche Spannungsbogen, baut sich erst ab dem nächsten Kapitel auf. Also nicht das ständig scharf geschoss würde, aber eben so Sachen, wo man vielleicht eher weiter liest.
Ist nur so, dass nach diesem Kapitel meistens keine Reaktion mehr kam. Dabei fand ich besonders wichtig wie man die folgenden Kapitel verstehen. Naja lange Rede kurzer Blödsinn^^. Freut mich das dir das Kapitel trotzdem gefallen hat. Dann hab ich damit ja nicht alles falsch gemacht.

Zu den gefunden Rechtschreibfehlern. Ich danke dir dafür. Werde zusehen das ich die nach dem Einkauf noch ausbesser. Ob ich die "E"s finde die zu viel sind, kann ich aber nicht versprechen. Bevor ich das hier gepostet hatte, hab ichs noch mal nach gelesen... mh vergebens wohl^^.

So und nun zum zweiten Protagonisten der Story. Meinem persöhnlichen Liebling... *hust*



2.Kapitel

~rote Tränen in weißem Fell~


Er war spät, viel zu spät. Das gab sicher wieder Ärger. Dabei hatte er noch nicht einmal getrödelt, war nur kurz an dieser Schule stehen geblieben und trotzdem war die Zeit so schnell verflogen. Ein kurzer Blick auf die Uhr, an seinem Handgelenkt verriet, dass es schon zehn nach Acht war. Um Acht hätte er Daheim sein müssen. Das gab sicher wieder Schläge. Erst gestern war er zu spät gekommen, hatte eine letzte Verwarnung bekommen und nun das. Sein Mentor war sicher schon stink sauer.
Immer schneller lief Toni durch die Straßen, vorbei an roten Ampeln und verwirrt, dreinblickenden Menschen. Zwei Autos mussten für ihn bremsen, dann hatte er endlich das Zentrum Limbachs erreicht.
Überall ragten Wolkenkratzer in den Himmel und verdunkelten den Boden auf dem er stand. Keuchend blieb Toni stehen und rang nach Luft. Mit den Händen auf den Knien gestützt musste er tief durchatmen, um wieder ruhig zu werden. Er war wieder zu Hause. Nur noch ein paar Schritte und er hatte den größten der fünf Wolkenkratzer im Zentrum erreicht. Nur mit getrübtem Blick konnte Toni die Schrift über dem Eingang erkennen. Red Dragon. Von seinen schwarzen Haaren war ihm der Schweiß schon in die Augen gelaufen und ließ ihn nur blinzelnd aufsehen. Was hatte ihn sein Chef auch ohne jeglichen Cent so weit weg schicken müssen. Kein Wunder das er so spät dran war, wenn er sich noch nicht einmal den Bus leisten konnte. Ein letztes Mal atmete Toni tief durch, dann richtete er sich wieder auf. Mit dem Ärmel seiner Jacke wischte er sich die Schweißperlen von der Stirn, während er die letzten Schritte langsam an den Eingang des Hochhauses heran trat. Die gläserne Schiebetür öffnete sich automatisch für ihn, während dahinter schon ein dunkelhäutiger Mann in einem weißen Mantel auf ihn wartete. Die Arme verschränkt war sein Blick so düster wie immer.
“Du bist spät!”, donnerte seine Stimme von oben auf ihn herab. Einen Kopf größer als er selbst, musste Toni zu ihm aufsehen, um ihn anschauen zu können. Nur kurz konnte er dem finstern Blick standhalten. Wenn Butch schon sauer war, wie unfreundlich würde dann wohl sein Mentor reagieren? Schon beim Gedanken an den großen Mann, der immer einen schwarzen Ledermantel trug, lief Toni ein eiskalter Schauer den Rücken hinab. Was wenn er ihn heute wieder Krankenhausreif schlug. Dann konnte er den Auftrag am nächsten Tag nicht bewältigen und dann gab es noch mehr Ärger.
“Komm mit mir. Michael will dich sehen!” Das hatte er befürchtet. Seufzend schlich Toni Butch nach, als dieser voraus ging. Die Arme hatte Butch nun hinter dem Rücken verschränkt, so wie er es immer tat, wenn er schlechte Kunde brachte.
Mit immer schwerer werdenden Schritten schlich Toni den Weg bis zum Fahrstuhl und hinein in die Kabine, die Butch schon mit dem Drücken des Knopfes gerufen und geöffnet hatte. Die Zeit von Tonis wenigen Freiheit war endgültig vorbei, als sich die Fahrstuhltüren nach ihm schloss. Dabei wäre er so gern noch in den Park gegangen, um zu Skaten. Wie leicht hatten es da die Kinder auf dem Schulhof. Die konnten die ganze Zeit spielen. Besonders dieser dumme blonde Kerl, der spielte sogar wenn alle anderen in der Schule saßen. Wie er sie alle dafür hasste, dass sie es so leicht hatten. Was taten sie denn schon dafür, sich das zu verdienen? Sicher bekamen sie auch jeden Tag was anständiges zu Essen. Er hingen hatte seid zwei Tagen nichts mehr bekommen, als Strafe für sein zu spät kommen. Sicher gab es heute auch wieder nichts. Ein lautes Knurren seines Magens halte im Fahrstuhl wieder und bestätigte seine Gedanken. Verlegen sah Toni zu Butch auf, ob er wohl was sagen würde? Der große Mann mit dem finsteren Blick aber schwieg. Sah nur auf die roten Nummern, die stetig anstiegen. Schon Stock 43, nur noch 7 und sie waren am Ziel. Mit einem kräftigen Schlucken versuchte Toni den Klos in seinem Hals los zu werden. Wenn er doch nur schon in seinem Zimmer gewesen wäre. Da ließen sie ihn wenigstens in Ruhe.
“Gib mir deinen Rucksack!”, forderte Butch, noch bevor sie den 50 Stock erreicht hatten. Gehorsam nahm Toni den schweren Rucksack von den Schultern und reichte ihn dem großen Mann. Mit einem prüfenden Blick öffnete dieser den Reißverschluss und sah den Inhalt durch. Als ihm nichts auffällig vorkam, verlangte er wie üblich zu wissen:
“Hat dich jemand gesehen?” Ein Kopfschütteln war Tonis einzige Antwort. Er war ein Profi, niemand hatte ihn gesehen. Dafür hatten sie ihn immerhin ausgebildet.
“Gut!”, war Butch fürs erste zufrieden gestellt, dann öffneten sich schon die Türen des Fahrstuhls. Sie waren da, mal wieder. Verächtlich, sah Toni an seinem Begleiter vorbei in die große Halle, in der der Fahrstuhl angehalten hatte. Überall hingen Trainingssäcken, lagen Matten am Boden. Hier wurde trainiert, wie jeden Tag. Die Jungen des ganzen Clans wurde hier ausgebildet, alle samt gemeingefährliche Bestien, die auf einen Wink ihres Mentors hin … Nein, er hatte keine Angst, gewiss nicht, versuchte sich Toni vergeblich einzureden, bis er von Butch aus dem Fahrstuhl geschubst wurde.
“Du solltest ihn nicht noch länger warten lassen!”, gab er ihm noch leise mit auf den Weg, dann schlossen sich die Türen und er war einmal mehr dieser Meute ausgeliefert. Wenn er doch nur in die Sicherheit des Fahrstuhles zurück gekonnt hätte. So aber suchten seine Augen ängstlich den Raum nach seinem Meister ab. Am anderen Ende der Trainingshalle wurde er fündig. Großartig, jetzt musste er an all dies Gestalten vorbei. Nur zögernd setze sich Toni in Bewegung, versuchte so leise wie irgend möglich an den Jugendlichen vorbei zu kommen. Ja nicht auffallen, ja keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nur schnell die Wut seines Mentors abholen und dann ab in sein Zimmer, war Tonis Plan, der gut funktionierte, bis er die andere Seite der Halle erreicht hatte. Alle waren beschäftigt. Trainierten mit einander oder boxten auf einen der Säcke ein. Dafür war Michael um so aufmerksamer. Toni brauchte ihn nicht einmal ansprechen. Als er hinter ihm stehen blieb, begann sich die dunkle Stimme des Mannes schon ganz von allein drohend zu erheben:
“Du bist zu Spät!” Ja, das wusste er schon seit gut fünfzehn Minuten. Die Jugendlichen die Toni bis her ignoriert hatten, richteten nun ihre Blicke auf ihn. Sahen wie immer abfällig auf ihn herab.
“Was für eine Schande!”, flüsterten die einen.
“Sie sollten ihn kalt machen, bevor ihn die Bullen schnappen und er uns verrät!”, munkelten die anderen. Als wenn sie alle besser gewesen wären, nur weil sie mehr Talent im Kampfsport besaßen.
“Genug!”, brachte Michael sie zum Schweigen, dann drehte sich der zu groß geratene zwei Meterschrank zu ihm um. In seinem Schatten kam sich Toni winzig vor. Dabei war er selbst schon 1,75 groß gewachsen. Um seinen Mentor in die Augen sehen zu können reichte es nicht. Aber wollte er das überhaupt? Kaum lag Michaels Aufmerksamkeit auf ihm, sank Tonis Blick gen Boden.
“Wo hast du dich rum getrieben? Warst du wieder Skaten?”, harschte er ihn an. Schnell schüttelte Toni mit dem Kopf. Dafür hatte er ja noch nicht einmal die Zeit gehabt.
“Ich hatte kein Geld für den Bus!”, fügte er rasch an. Anstelle von Verständnis erntete er damit nur Gelächter. Die Gruppe die Michael trainierte, hatte sich inzwischen um ihren Meister und Toni versammelt. Als Schaulustige machten sie sich immer ganz gut, dass war das Einzige was sie neben dem Kämpfen wirklich beherrschten. Stur sah Toni auch weiterhin auf den Boden vor sich, um den verächtlichen Blicken über sich zu entgehen.
“Du hättest dir ein Auto klauen können!”, ertönte erneut Michaels Stimme.
“Er weiß doch gar nicht wie das geht!”, kam gleich aus den Zuschauerreihen. Von wegen. Das Kurzschließen war gar nicht das Problem, nur ließen sich die Limbacher nicht einfach so beklauen. Erst neulich hatte ihn so ein Typ aus dem Fitnessstudio vermöbelt, als er sich an seinem Auto vergreifen wollte. So einfach war das gar nicht. Aber einmal mehr übte sich Toni in Schweigen. Sie würden ihn ja doch nur auslachen.
“Hat euch jemand nach eurer Meinung gefragt?”, brachte Michael seine Schüler erneut zum Schweigen. Na wenigstens schien er heute keine all zu schlechte Laune zu haben. Vielleicht hatte Toni heute mal Glück. Dann konnte er Morgen beweisen was in ihm steckte und pünktlich nach Hause kommen, dann gab es endlich wieder etwas Essen. Ja, einen großen Teller voll Nudeln. Nur beim Gedanken an etwas zu essen, begann sein Magen schon wieder zu knurren. Verlegen sah Toni auch dieses Mal auf und erntete damit einen finstern Blick seines Mentors.
“Du kennst die Strafe fürs zu spät kommen!” Ja, nichts zu essen und ne Trainingsrunde mit diesen Typen. Mit einem Nicken gab Toni Michael zu verstehen, dass er sich noch gut an die Strafe vom Vortag erinnerte, dann sank sein Blick wieder auf den Boden. Sie sollten nur anfangen, um so schneller kam er in die Sicherheit seines Zimmers.
“Dein zu spät kommen geht mir langsam auf die Nerven, also werde ich heute dein Gegner sein!” Erschrocken sah Toni auf. War das sein ernst? Das musste nicht sein, also nicht unbedingt. Selbst Michaels Schüler fürchtet ihn. Toni musste nicht unbedingt herausfinden warum. Von seinem Mentor ging er einen Schritt zurück, versuchte Abstand zwischen sich und ihn zu bringen und stieß dabei mit dem Rücken gegen einen der Jugendlichen, der ihn sofort packte und von hinten fest hielt. Prima, warum hatte er auch angenommen er hätte sich wehren dürfen. Kaum hatte Toni diesen Gedanken zu Ende gebracht, da traf ihn auch schon der erste Schlag mitten in den Magen. Von wegen Training. Er war mal wieder nur das Ventil zum Wut ablassen. Noch während sich Toni vom Schmerz des ersten Schlages Krümmte traft ihn ein Weiter auf den Brustkorb und stahl ihm die Luft zum Atmen. Hoffentlich war Michael bald fertig, er wollte wenigstens Snowflake noch einen guten Morgen wünschen.
“Na hast du immer noch Hunger?”, lästerte einer der Jungen, als Toni, von einem harten Schlag in den Magen getroffen, Blut erbrach. Diese dummen Sprüche. Sie konnten ja mal tauschen. Mal sehen wies ihnen nach so einer Prügel ging. Aber ihnen ging es ja gut, gut genug mit zuzuschlagen. So oft bis sich die Welt um Toni zu drehen begann. Alles wurde dunkel, nahm sämtliche Geräusche mit, dann sank er zu Boden.

Stille, so angenehm ruhig. Nichts bewegte sich. War er endlich allein? Weit weg von diesen Monstern? Das leise Schnurren einer Katze durchbrach die Stille. Vier Pfoten umkreisten ihn, gaben ihm den Mut wieder aufzusehen. Zwei hellblaue Augen in einem schneeweißen Gesicht lagen vor ihm.
“Snowflake!”, murmelte er leise. Der weiße Perser, der Kater, der in seinem Zimmer wohnte. Er war also in Sicherheit?
“Mauuu?”, erklang die leise Stimme des Katers wie eine Frage. Sicher machte er sich Sorgen, oder er hatte einfach nur Hunger. Mit zitternden Fingern streckte Toni seine Hand nach dem weichen Fell des Katers aus. Sofort schmiegte das Tier seinen Kopf in die offene Handfläche und begann erneut zu Schnurren. Snowflake war wirklich der einzige Freund den er hier hatte. Während sich Tonis blutige Finger durch das schneeweiße Fell zogen und der Kater sich schnurrend an ihn schmiegte vergaß er das stechen seines Magens, das pulsieren der vielen blauen Flecke und der geprellten Rippen. Hier würde niemand die Hand erheben. Hier gab es nur das weiche Fell seines Katers.
“Du hast sicher Hunger, ich bring dir morgen was mit, versprochen!”, flüsterte Toni dem Perser ins Ohr, auch wenn er wusste dass es nicht stimmte.
“Morgen essen wir uns richtig satt!”, versuchte er sich einzureden, während seine heißen Tränen über das Fell des Katers flossen. Einschlafen, alles vergessen, blieb Tonis unausgesprochener Wunsch.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMi Nov 12, 2008 4:33 pm

Eigentlich habe ich nichts gefunden was den Anschein erwecken würde das deine Geschichte nicht gut wäre, doch frage ich mich auf einer Art und Weise, wieso Mentor? Wieso ist Michael für ihn ein Mentor? So wie ich das lese, quält er ihn doch. Ein Mentor ist Respektperson, ein Lehrer der für seinen Schüler das Beste will. Eine Person zu der man gerne aufschaut, die einem vieles beibringen kann. Ich würde Michael als Realen Menschen nicht als Mentor betiteln, sondern eher als Tyrannen der seine Schüler durch Essensentzug und anderweitigen Dingen seinen Respekt aufzwinkt/aufzwingen will.
Zu der Geschichte selbst schwirrt mir schon etwas im Kopf herum, habe eine Ahnung um was es gehen könnte...aber wie gesagt, könnte. Bin auf weitere Kapitel gespannt, vielleicht irre ich mich ja doch... Very Happy
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMi Nov 12, 2008 6:24 pm

Ohhh, jetzt machst dus aber Spannend. Es hätte mich doch jetzt wirklich interessiert welche Vermtung dir durch den Kopf schwirrt^^. Bitte bitte sags mir, auch wenn du dich vielleicht täuschst.

Zu Michael und dem Mentor. Sicherlich ist der Titel normalerweise gleichbedeutend mit einer Respektsperson. Man hört ihn oft in Kong-Fu-Filmen und verbindet ihn mit Ehre und so weiter.
Mentoren gibt es aber auch zum Beispiel in Sekten und Gangs. Die sind dann nicht unbedingt freundlich zu ihren "Schäfchen" wenn diese aus der Reihe tanzen. Ich verbinde Mentor mit letzterem. Ist sicher eine Ansichtssache und kommt darauf an, aus welchem Zusammenhang man den Begriff kennt. Selbst in der Schule sind ja nicht alle Leher nett, nur weil es Lehrer sind. Michael ist eben ein schwarzes Schaf und trotzdem Tonis Mentor/Lehrmeister.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMi Nov 12, 2008 6:32 pm

Ja das mit diesem Mentor ist so ne Sache, war für mich halt eben nur irgendwie das falsche Wort für diesen Tyrannen....lol.
Willst du das wirklich wissen??Also das mit meiner Vermutung??? Wink
Vielleicht mach ich mich total zum Deppen und du lachst dich dann schlapp darüber.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMi Nov 12, 2008 6:38 pm

Nein ich werde mich nicht schlapp lachen. Ich finde es interessant wie meine Geschichte auf den Leser wirkt und welche Gedanken sie hervoruft. Dann weiß ich ja auch ob ich mit dem was ich geschrieben habe auch das rüber gebracht habe, was ich wollte.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMi Nov 12, 2008 6:47 pm

Oh man, jetzt haste mich gepackt...lol.

Ok, ich fang mal an:

Ich denke die beiden Jungs werden Freunde, was ja durch den Prolog ja irgendwie offensichtlich ist, Toni befreit sich durch die Hilfe seine Neuen Freundes und dessen Bruders aus Michaels Fängen. So muss er keinen Hunger mehr erleiden. Zusammen oder auch getrennt, lernen sie die Eltern von den beiden Brüdern kennen, so wie der Große Bruder es versprochen hat. So wie die beiden Brüder, ist auch Toni ein Werwolf, und zusammen kämpfen sie dann auf einmal gegen Michael an, der natürlich, genauso wie seine Schüler auch ein Lykanisches Wesen in sich trägt.
So in der Richtung würde ich jetzt sagen.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMi Nov 12, 2008 6:51 pm

Ach gar nicht so schlecht. Du liegst mit vielen Dingen richtig gut. Aber ich glaube ich würde die Spannung aus der Geschichte nehmen, wenn ich sage welche jetzt Stimmen und welche nicht. Nur eins, das ist kein Fantasyroman, sondern einer über das wahre Leben^^. Also keine Lykaner, auch wenn beide später Tatsächlich Wölfe werden, aber nur vom Name her. Mh ich hoffe das war jetzt verwirrend genug um nichts zu veraten. Lach.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMi Nov 12, 2008 7:02 pm

Jetzt hasste mich echt verwirrt...hust...mmh keine Lykaner...mmh. Ach manno, ok...weiterlesen und überraschen lassen.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMi Nov 12, 2008 7:07 pm

^^, naja ich habs nicht so mit fantasy, finde davon gibt es schon genug im Moment. Da muss ich meinen Beitrag nicht auch noch leisten. Aber interessant kombiniert, dass das Geheimnis der Eltern Wolfsmenschen ist^^.
Auf so was wäre ich nie gekommen.
Aber hier mal zur echten Auflösung:



3. Kapitel
~Nenn mich nicht Halbbruder~


Endlich, die Schule war aus, das Fußballtraining auch. Nun konnte Enrico in die Tat umsetzen, was er sich schon den ganzen Vormittag geplant hatte. Ausgerüstet mit Schulranzen und Sportbeutel rannte er über den Schulhof und von ihm über die Straßen Limbachs. Sein Ziel war eine kleine Werkstadt nicht weit entfernt von der Schule. Dort wo sein Bruder Arbeitete, wollte er ihm einen Besuch abstatten. Die zwei Blocks und vier einzelne Häuser hatte er schnell hinter sich gebracht, dann bog Enrico in einen Hinterhof ein. Das große Garagentor der Werkstadt war wie jeden Tag geöffnet. Immerhin war Sommer und die Wärme war beim Arbeiten schon so kaum auszuhalten.
Um so besser. Ungehindert konnte Enrico weiter laufen und auf das Auto zu halten, unter dem er seinen Bruder vermutete.
“Bruderhhhherrz!”, begrüßte er zunächst nur das Cabrio, denn von Raphael lugten lediglich die Schuhe unter der Stoßstange hervor.
“Wer hat die Nervensäge rein gelassen?”, kam von unten zurück, während sich Enrico auf den Motorblock lehnte. Durch die Kable und Schläuche hindurch konnte er nur den Schatten seines Bruders erkennen, als er ihm entgegnet:
“Du, als du das Tor offen gelassen hast.“
“Was willst du?”
“Dein Bestes!”
“Mein Geld?”
“Genau, pass auf!”, aus seiner Hosentasche zog Enrico einen gefalteten weißen Zettel und begann diesen auf zu klappen, “Ich hab heute eine echt tolle Lederjacke gesehen. Die muss ich haben.”
“Und? Was hab ich damit zu tun?”
“Du musst mir was borgen! Ich zahl’s dir auch zurück.”
“Wann? In zwanzig Jahren? Verschwinde, ich hab zu Arbeiten!” Das war immer seine einzige Ausrede. Dabei hatte er die Zeichnung noch nicht einmal gesehen. Die Jacke war toll. Sie hätte Raphael sicher auch gefallen. Er hätte sie ihm sogar geborgt. Ab und zu… vielleicht…
“Komm schon. Schau’s dir wenigstens mal an! Außerdem steht mir ja wohl ein Anteil zu. Die Hälfte der Autos, mit denen du dein Geld verdienst, hab ich ja wohl mit repariert.” Beinah jeden freien Nachmittag hatte Enrico hier verbracht, um seinem Bruder zu helfen und nicht ins Heim zu müssen. Da war doch eine Belohnung nicht zu viel verlangt, oder?
“Ah der Kurze, willst du uns wieder helfen?”, erklang auf einmal die dunkle Stimme eines Mannes. Langsame Schritte hörte Enrico auf sich zu kommen. Ein grauhaariger Mann in einer blauen Latzhose gesellte sich zu ihnen. Mit einem verdreckten Lappen wischte er sich die Schmieren von den Fingern und blieb neben dem Cabrio stehen, unter dem Raphael lag. Der Chef und Meister Raphaels, Heinz. Wie immer hatte er ein freundliches Lächeln aufgesetzt und reichte ihm zur Begrüßung die schmutzige Hand.
“Nein will er nicht! Er will mein Geld! Wirf ihn raus, sonst komm ich heute zu gar nichts mehr!”, Antwortete Raphael für ihn. Auf dem Brett auf dem er lag rollte er ein Stück unter dem Wagen hervor und sah ernst zu ihnen hoch. Kurzerhand legte Enrico seinen Fuß auf dem Brett neben Raphaels Schulter ab und schob ihn zurück unter das Cabrio.
“Ich dachte du hast zu Arbeiten?”, fügte er seiner Tat hinzu, dann unterbrach einmal mehr die Stimme des Werkstattchefs den Streit der Brüder.
“Enrico, kann ich mal unter vier Augen mit dir reden?” Verwirrt wand Enrico seinen Blick vom Boden neben dem Cabrio hinauf zu ihm. Unter vier Augen? Was gab es denn so wichtiges? So geheimnisvoll tat er doch sonst nicht. Erschrocken folgte Enrico ihm in ein kleines Büro am anderen Ende der Werkstatt. Den ganzen Weg über brütete er darüber was Heinz wohl von ihm wollte. Ob er jetzt womöglich nicht mehr so oft hier her kommen durfte? Vielleicht hatte er auch ein Kabel verkehrt herum angeschlossen und ein Kunde war deswegen unzufrieden. Was wenn er nun seinem Bruder nicht mehr helfen durfte? Dabei hatte es ihm immer so viel Spaß gemacht, die alten Fahrzeuge zu reparieren. Wenn der Motor nach langem Fehlersuchen wieder ansprang, oder eine zerbeulte Motorhaube im neuen Glanz erstrahlte, war das immer ein Erfolgserlebnis gewesen. Anderseits hatte er hier wirklich nichts verloren, er war ja nur ein Schüler.
Als sich dir Tür des kleinen Büros hinter ihm schloss, sah Enrico nur zögernd auf. Was jetzt wohl folgen würde?
“Raphael hat mir von deinem sehr guten Zeugnis erzählt!”, begann er.
“Ok?” Und weiter?
“Um auf den Punkt zu kommen. Die Aufträge laufen gut und ich überlege schon lange wieder einen Lehrling ein zu stellen. Wenn du willst kannst du nach deinem Abschluss im nächsten Sommer bei mir anfangen!” Mit großen Augen sah Enrico den Mann in der fleckigen Latzhose an. War das wirklich sein Ernst? Einfach so und ohne eine Bewerbung schreiben zu müssen, oder durch etliche Vorstellungsgespräche gehen musste.
“Wirklich?”, konnte er sein Glück noch gar nicht fassen.
“Sicher. Ich brauche dir ja kaum noch etwas beibringen und mit dem Notendurchschnitt dürfte die Berufsschule auch kein Problem für dich sein! Also was sagst du?”
“Ja… auf alle Fälle. Also, klar, natürlich!”, versuchte Enrico vergeblich wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Er hatte eine Lehrstelle, einfach so. Gleich würde er sicher vor Freude platzen.
“Danke, danke, vielen Dank!”, musste er Heinz einfach anfallen und umarmen. Endlich würde er auch Geld verdienen, konnte sich eine eigene Wohnung leisten, weg vom Heim, ein normales Leben führen, auf eigenen Beinen stehen und dann noch mit einem Job, der ihm so viel Spaß machte. Das musste er Raphael erzählen.
Die Arme löste Enrico um seinen Zukünftige Chef wieder und stürmte aus dem Büro. Ein Kopfschütteln gepaart mit einem Schmunzeln warf Heinz ihm nach, dann stand Enrico schon wieder vor dem Cabrio, das Raphael noch immer zu reparieren versuchte.
“Raph wir sind bald Arbeitskollegen!”, rief er freudig und zog das Rollbrett samt seinem Bruder unter dem Cabrio hervor.
“Ach du Scheiße!” Von ihm wanderte Raphaels Blick auf seinen Meister, der langsam auf sie beide zu kam.
“Habt ihr euch das wirklich gut überlegt Meister?”
“Tu nicht so. Du hast doch dabei deine Finger im Spiel!” Ein Schmunzeln war Enrico dafür von Raphaels Seite sicher, eben so wie ein Zwinkern.
“Sicher, dann kannst du dir die Jacke selber kaufen und gehst mir nicht damit auf die Nerven!”
“Mach mal Platz und lass mich schauen!” Zwängte sich Enrico an seinem Bruder vorbei, um nach zu sehen, was für ein Problem es denn eigentlich mit dem Wagen gab. Rucksack und Sporttasche flogen dabei in eine Ecke der Werkstadt. Nicht lange und auch Enrico sah aus, wie alles hier. Fleckig, dreckig und voller Fett.
Denn ganzen Nachmittag half er so seinem Bruder bei der Arbeit. Hin und wieder sah auch Heinz nach dem Rechten. Von weitem beobachtete er die beiden Brüder, ließ sie allerdings allein Werkeln, bis Raphael sich schließlich erhob und den Wagen startete. Alles lief wieder einwandfrei.
“Gut dann macht Feierabend ich räum hier noch auf!”, schlug Heinz ihnen vor. Ein Angebot das keiner von beiden ausschlug. Raphael schloss noch schnell die Motorhaube des Wagens dann lief er seinem Fiat entgegen. Dicht auf den Versen folgte Enrico ihm.
“Soll ich dich Heim fahren?”, schlug Raphael ihm vor. Aber genau das war es was Enrico nicht wollte. Zurück ins Heim. Während er seine Sachen in den Kofferraum warf, schüttelte er mit dem Kopf.
“Kann ich nicht bei dir übernachten?”
“Schon wieder? Was wenn ich mir für heute Nacht nen Mädel eingeladen habe!”
“Deine Ausreden waren auch schon mal besser!”, mit diesen Worten schlug Enrico den Kofferraum zu. Als wenn Raphael ne Freundin hätte. Das passte gar nicht zu ihm. Als Singel fühlte er sich viel wohler, das wusste Enrico genau.
“Man bin ich froh wenn du ne eigen Wohnung hast!”
“Und ich erst. Von deinem Sofa bekomm ich auf Dauer nen steifen Nacken!” Damit war das Thema abgehackt und der alte Fiat brachte sie auf geradem Wege “nach Hause”. Schon seit Raphael vom Heim in seine eigene Wohnung gezogen war, verbrachte Enrico jede zweite Nacht bei ihm. In der kleinen 2-Zimmerwohnung, herrschten keine strengen Regeln, keine Bettzeiten. Auch wann gegessen wurde entschieden die Brüder selbst. Nur um die Dusche mussten sie jeden Abend erneut streiten.
“Ich geh zu erst!”, verkündete Enrico schon, als Raphael sein Auto vor der Wohnsiedlung parkte und sie beide ausstiegen.
“Du hast noch nicht mal nen Schlüssel!”
“Sicher?” Triumphierend schwenkte Enrico den Wohnungsschlüssel seines Bruders vor ihm hin und her und ergriff daraufhin die Flucht. Heute Abend war er der Erste unter der Dusche, so viel stand fest.
“Wie hast du?” Suchte Raphael vergeblich den Schlüssel in seiner Jackentasche und hatte das Nachsehen. Mit dem Schlüssel öffnete Enrico rasch die Haustür und schließlich auch Raphaels Wohnungstür im ersten Stock. Zielsicher steuerte er nach dem öffnen die zweite Tür rechts an und verschwand für eine halbe Stund im Badezimmer. Raphael hingegen musste sich als Verlierer um das Abendessen kümmern. Immer wieder der selbe Rhythmus. Nachdem Enrico fertig Geduscht zurück kam, eroberte Raphael das Bad für sich, während Enrico sich über die fertige Pizza her machte und sich dabei eine DVD für den Abend aussuchte. Auf Raphaels großem Flachbildschirm war das fast wie ein Kino besuch. Schade nur das sein Geld noch nicht für eine Dolby-Anlage gereicht hatte. Dafür hatten sich die beiden Brüder in einigen Jahren eine große DVD Sammlung zusammen gespart, aus der Enrico allerdings immer den selben Film auswählte.


Zuletzt von Enrico am Mi Nov 12, 2008 7:43 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMi Nov 12, 2008 7:07 pm

“Und was schauen wir heute?” Mit einem Handtuch um die Hüften und einem weiteren um den Hals, mit dem er sich die nassen Haare trocken rubbelte, gesellte sich Raphael wieder zu ihm. Die Hülle der DVD warf Enrico ihm zur Antwort auf den Stubentisch.
“Schon wieder! Was findest du an dem Film so toll?” Mit einem Murren ließ sich Raphael neben ihm nieder und betrachtete die Hülle entnervt.
“Die große Familie!”, war Enricos kurze Antwort, während er den Titel lass. Im Dutzend billiger.
“Ich will auch mal so ne große Familie haben. Eine wo nicht die Hälfte fehlt!” Stur sah Enrico bei seinen Worten in den Fernseher. Raphael mochte dieses Thema nicht, das wusste er aus Erfahrung. Trotzdem, er wollte so gern mehr wissen, endlich offen darüber sprechen. Schon lange war er kein Kind mehr, er konnte sicher damit umgehen. Wenn Raphael doch nur endlich sein Schweigen brechen würde. Aber wieder blieb er stumm. Nur die Menschen im Film sprachen. Eine große glückliche Familie, mit Mutter und Vater, die sich um gleich 12 Kinder kümmerten. Wie gern wäre er eines von ihnen gewesen.
“Wie waren sie Raph!”, bat Enrico irgendwann. Raphael musste es wissen. Er war schon acht gewesen. Er musste sich einfach noch an sie erinnern.
“Nicht so wie die im Fernsehen!”, kam leise von Raphael zurück. Ging das nicht ein bisschen präziser? Mit schief gelegtem Kopf sah Enrico zur Seite. Natürlich waren sie nicht so, sonst wären sie beide bestimmt nicht im Heim groß geworden.
“Geht das auch genauer?”
“Wozu?”, gereizt war Raphaels Stimme. Eigentlich höchste Zeit das Thema zu wechseln, wenn er keinen Streit riskieren wollte. Aber wann hatte Enrico schon mal die Gelegenheit mehr zu erfahren? Sonst ließ sich Raphael noch nicht einmal auf ein Gespräch über ihre Eltern ein.
“Weil ich es endlich wissen will!”, mit jedem ausgesprochenen Wort wurde auch Enricos Stimme rauer, ernst. Wie lange wollte Raphael das Versteckspiel noch spielen?
“Ich bin kein Kind mehr, du brauchst mich nicht mehr vor der Wahrheit schützen. Ich komm damit klar!”
“Womit? Das wir nicht mal den selben Vater haben?”
“Was?” Erschrocken sah Enrico zu seinem Bruder auf. Aufgebracht war dieser Aufgestanden, sah nun wutentbrannt auf ihn herab.
“Ja, Halbbruder! Bist du jetzt glücklicher?” Mit dem roten Knopf auf der Fernbedienung schaltete Raphael den Fernseher ab. Das Familienglück konnte er wohl nicht mehr ertragen und auch Enrico hatte schlagartig die Lust auf diesen Film verloren. Verwirrt und unfähig den Worten seines Bruders glauben zu schenken, sah er vor sich hin, versuchte zu begreifen und konnte es nicht. Raphael war nicht sein richtiger Bruder, nur verbunden durch die Mutter? Damit ging noch mehr verloren, als zuvor da gewesen war. Aber …und überhaupt… ! Kein klarer Gedanke ließ nun mehr eine Antwort, gar eine Frage zu. Dafür hatte Raphael genug gesprochen. Die Fernbedienung in seiner Hand schlug auf den Tisch auf, dann drehte er Enrico den Rücken zu und verschwand in der Küche. Wie immer wenn er sauer war, plünderte er den Kühlschrank. Aber heute sollte ihr Gespräch nicht so enden. Das alles wollte Enrico genauer wissen. Mit festen Schritten ging er seinem Bruder nach und verlangte zu erfahren:
“Na schön, dann haben wir eben nicht den selben Vater aber wer waren dann unser Väter?”
“Ich hab keine Ahnung!”
“Wie du hast keine Ahnung? Warum nicht?” Ein finsterer Blick lag in Raphaels Gesicht, als er sich vom Kühlschrank zu ihm umdrehte. Beinah als wenn in seinen Augen eine düstere Vergangenheit aufflammte.
“Weil unsere Mutter auf den Strich gegangen ist und wir sind das Ergebnis!” Alles was Raphael wohl Jahrzehnte lang in sich weggesperrt hatte, sprudelten nun in einem Redeschwall aus ihm heraus.
“Von all den Kindern die sie sich hat machen lassen, waren wir die einzigen die Leben durften. Großartig! Zwischen Unrat, Drogen und ihrer Kundschaft. Da machte es auch nichts wenn die Kerle mal ausholten. Es ging ja nur gegen einen Dreijährigen, der sich eh nicht auf den Beinen halten konnte, weil er seid Tagen nicht gegessen hatte. Den bemerkte doch keiner, wenn er nicht gerade heulte!” Sprach er von ihm? Vor Raphaels finstern Worten wisch Enrico einen Schritt zurück. So hatte er seinen Bruder noch nie erlebt und noch immer war Raphael nicht fertig mit seiner Erzählung:
“Trotzdem, wir haben überlebt. Irgendwie! Haben uns mit den Ratten um die Reste gestritten, wenn all ihr Geld in ihren Venen verschwand. Es funktionierte über Jahre. Bis sie einmal keine Kohle mehr hatte, um ihre Sucht zu bezahlen. Aber es gab ja noch ein Angebot, von ihrem neusten Stecher. Verkauf den Kleinen, ich kenn da Freunde die gut für ihn Zahlen würden. Sie hat zugestimmt. Zugestimmt meinen kleinen Bruder an einen Kinder-Pornoring zu verkaufen. Den Zwerg um den ich mich gekümmert hatte, seid er auf der Welt war. Der einzige der ein Lächeln für mich übrig hatte, mit dem ich Tag für Tag ums Überleben gekämpft hab. Ich hab dich genommen und bin abgehauen. Und Halbbrüderchen, willst du immer noch zurück zu Mami? Sie besuchen und ihr mal Hallo sagen? Vielleicht weiß sie ja wer dein Vater ist, dann könnt ihr wieder eine große und glückliche Familie sein!” Mit seinen letzten Worten stieß Raphael ihn bei Seite. Verschwand mit einer Flasche Bier im Wohnzimmer und ließ ihn mit all den Informationen allein. Unfähig überhaupt etwas zu empfinden versuchte Enrico zu verarbeiten was er eben gehört hatte. Doch kein gesprochenes Wort wollte sein Verstand aufnehmen, bis auf eines. Halbbruder. Warum musste Raphael das immer wieder so betonen? Nichts was seine Eltern getan hatten oder welch Schrecken Raphael eben erzählt hatte, war so verletzend gewesen, wie dieses Wort. So herablassend, so eiskalt.
Mit langsamen Schritten schlich Enrico zurück ins Wohnzimmer. Raphael hatte sich auf dem Sofa nieder gelassen. Ihm mit dem Rücken zugewandt, sah er in den ausgeschalteten Fernseher und trank in zügigen Schlücken seine Flasche leer. Wie sollte er ihn jetzt nur ansprechen? Alles was Enrico sagen konnte, war fehl am Platz. Hätte er doch nie nachgefragt.
“Raph… es …es tut mir leid.”, begann er den Tränen nah, “Ich wusste nicht… woher auch. Ich frag nie wieder nach, nur hör auf so zu reden.” Wahrlich, er erkannte seinen Bruder gar nicht mehr. So wüten, so aggressiv. Das war nicht er.
“Und… und hör auf mich Halbbruder zu nennen. Wir sind ganz normale Brüder und… eine glückliche und komplette Familie, nur wir zwei!” Als Enrico die Rückenlehne des Sofas erreicht hatte und noch immer keine Reaktion von seinem Bruder zurück kam, musste er ihn einfach umarmen.
“Sei wieder lieb!”, rief er ihn an, in der Hoffnung, den Bruder den er kannte noch zu erreichen.
“Schon gut, es ist nicht deine Schuld!”, kam irgendwann fast unhörbar leise von Raphael zurück, während er seine rechte Hand auf Enricos Armen ablegte.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMi Nov 12, 2008 7:18 pm

Lesen werde ich Kapitel 3 morgen dann, bin schon gespannt wie es weiter geht.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyMi Nov 12, 2008 7:21 pm

Ja, lass dir Zeit (nur bitte nicht zu viel, die meisten sagen das nämlich immer nur so, ja morgen und das jeden Tag.) Ne, Spaß bei Seite. Kranke müssen sich ausruhen und überhaupt hast du ja schon wahnsinnig viel gelesen. Ich wollte nur jeden Tag ein Kapitel reinstellen... mh zum Glück hab ich vorgearbeitet. Mit der jetzigen Schreibblockade würde ich das Limit nicht halten.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyDo Nov 13, 2008 12:59 pm

Wenn ich sage ich lese es mir durch, dann tu ich das auch. Klar kann es auch mal bei mir passieren, das es ein, zwei Tage mehr dauert, das kommt aber dann daher das ich vielleicht noch was anderes erledigen muss und keine Zeit finde zu lesen. Also, zu Kapitel 3. Ich finde dieses Kapitel bisher noch am Besten, einpaar Buchstaben die vergessen wurden, lass ich mal raus...kann ja passieren. Enrico tut mir irgendwie total leid, aber ich kann auch Raphaels Wut gut verstehen, es war sicherlich nicht leicht diese Gefühle die ganze Zeit zu verstecken, gerade seinem Bruder gegenüber. Bin mal gespannt wie es weiter geht.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyFr Nov 14, 2008 6:03 am

Ja ich merk schon^^.
Schön das dir das Kapitel gefallen hat, bist du der erste O.o, der meint es wäre das beste bis zu der Stelle. Schön schön^^. Dann mal hier das nächste.


4.Kapitel

~Kekse und Eis für Toni~


Dunkelheit, Ruhe, nur ein leises Schnurren. War es Nacht oder hatten sie nur mal wieder sein Zimmer mit den Rollläden verdunkelt?
Schritte, irgendwer näherte sich dem Raum in dem er lag. Zu laut für die Pfoten seines Katers, zu leise für die schweren Stiefel Michaels. Nur zögernd zwang Toni sich dazu aufzusehen.
Nichts, nur das schwache Mondlicht fiel durch die Fensterscheiben und formte vor ihm eine bläuliche Sichel. War er eingeschlafen? Hier am Boden?
Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, entriegelte die Tür. Das weißes Fellknäuel, das sich neben ihm zusammen gerollt hatte, flüchtete. In hastigen Sprüngen verschwand Snowflake auf dem Schrank. Nur seine blauen Augen leuchteten bedrohlich aus der Dunkelheit, während ein kehliges Fauchen sein Maul verließ.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht zog Toni die Beine an, versuchte sich auf die Arme zu stützen. Er musste aufstehen. Es war längst Zeit. Ging die Sonne unter, musste er sich auf den Weg machen, seine Opfer suchen. Vor Sonnenaufgang musste er die Zielperson eliminiert haben und wieder zurück sein. Wieso war er nur eingeschlafen? Sicher war es schon spät.
Aufgestützt auf die Arme rang Toni nach Atem. Wie ein schwerer Stein lastete jeder Atemzug auf seinem Brustkorb, dann wurde es hell. Viel zu grell für Tonis Augen. Schützen legte er eine Hand über sie. Der Umriss einer Person näherte sich ihm, griff ihn am Arm, mit dem er sich vor dem Licht zu schützen versuchte und zog ihn daran auf die Beine.
Keuchend gab Toni ihm nach. So schwer erschien ihm dabei das Gewischt seines eigenen Körpers, dass er glaubte davon erdrückt zu werden.
“Komm schon, steh auf!”, wies ihn eine dunkle Stimme an. Dabei stand er schon, auf wackligen Beinen, die ihm kaum tragen wollten. “Je früher du los gehst, um so mehr Zeit hast du!”, fügte der Schatten freundlicher an. Erst jetzt glaubte Toni ihn zu erkennen. Butch? Der dunkelheutige Hüne, der ihn am Tag zuvor empfangen hatte. Dann war es vielleicht noch gar nicht so spät?
Am Arm wurde Toni von ihm mit gezogen, hinaus aus der Sicherheit seines Zimmers und den hellen Flur entlang. Nur stolpernd konnte Toni seinen Schritten folgen. Wieso hatten sie es so eilig und wohin wollten sie überhaupt? Langsam gewöhnten sich Tonis Augen an das Licht. Der Weg den sie gingen wurde klar. Es war nicht der ins Büro, wo er wie sonst seinen Auftrag erhielt. Was kam jetzt? Noch eine tracht Prügel, damit er dieses Mal auch ja pünktlich war?
Vor den Duschräumen hielten sie an. Verwirrt sah Toni zu Butch auf. Seit wann durfte er vor der Arbeit duschen gehen?
“Geh dich waschen und umziehen. In zehn Minuten will ich dich in meinem Büro sehen!”, wies der Hüne ihn an, dann öffnete er die Tür und stieß ihn in die Kabine.
Eiseskälte empfing Toni dort. Die Dusche war schon aufgedreht und wie immer um diese Zeit floss noch kein warmes Wasser. Vor dem kalten Wasserstrahl wisch Toni zurück. Warum konnte er das nicht auf den Vormittag verschieben? Ein Blick an die Wand gab ihm die Antwort. In den verspiegelten Fließen auf der linken Seite konnte er sich selbst erkennen. Seine Gesicht war voller Blut, in großen Flecken zog es sich über Stirn und Wangen, selbst seine Kleidung war voll davon. Mit einem Seufzen musste er sich eingestehen, dass er so nicht auf die Straße gehen konnte. Schwerfällig zog Toni sein T-Shirt über den Kopf aus. Kaum die Arme konnte er heben, wie sollte er da das Scharfschützengewehr ruhig halten?
Nur nicht an einen Fehlschlag denken, versuchte er sich ein zu reden. Wenn er nicht stark war, gab es auch heute nichts zu essen.
Dem Shirt folgte die dreckige Hose und Unterhose. Zehn Minuten waren nicht viel, so biss Toni die Zähne zusammen und trat unter den Wasserstrahl. Eisig floss er über die etlichen Schrammen und blauen Flecke, die er davon getragen hatte, spülte das getrocknete Blut davon und verlor sich im Abfluss. Ein Brennen zog sich durch seinen Körper so unerträglich, dass Toni sich am liebsten auf den Boden geworfen hätte. Aber er musste durch halten, er brauchte endlich wieder etwas zu Essen.
Mit der Stirn lehnte sich Toni an die weißen Fließen, versuchte das Stechen in seinen Armen und Beinen zu verdrängen.
“So kalt!”, flüsterte er gegen die die Wand und legte beide Hände auf ihr ab, um Halt zu finden, wo schon seit Jahren keiner mehr war. Nur noch eine Weile, dann würde das eisige Wasser seinen Körper betäuben, den Schmerz für eine Weile auslöschen.
Als alle Gefühle in ihm verschwanden, drehte Toni die Dusche ab. Heute Nacht würde er schnell töten, würde pünktlich wieder zurück sein und sich den Bauch voll schlagen. Finster wurde Tonis Blick bei diesem Gedanken. Wer immer seine Zielperson war, würde nicht einmal merken, was ihn getötet hatte.

Von der Dusche wanderte Tonis Aufmerksamkeit auf ein kleines Regal nicht weit entfernt. In ihm hatte Butch ein Handtuch und frische Sachen bereit gelegt. Alles in schwarz. Wie Toni dieser Farbe überdrüssig war. Ein roter Drache zierte jedes Kleidungsstück, selbst auf dem Handtuch war ein Aufdruck davon. Wie eintönig sein Leben doch war. Nicht einmal hier gab es Abwechslung.
Nach dem Abtrocknen zog Toni die breit gelegten Sachen über. Die vom Vortag warf er in einen großen Korb, dann war er breit für seinen nächsten Auftrag. Betäubt vom kalten Wasser waren seine Schritte wieder fest und kraftvoll, als er die Dusche verließ und den langen Flur folgte. Zielstrebig steuerte er eine Tür im langen Gang an. Hinter ihr würde er Butch und ein Bild seines Opfers finden. Noch einmal atmete Toni tief durch, dann drehte er am Türknauf und trat ein.

An einem Schreibtisch, gut fünf Schritte entfernt, saß Butch. Den Blick in wichtigen Unterlagen, sah er nicht einmal zu ihm auf. Lediglich sein Arm, mit der ausgestreckten Hand, deutete auf einen Rucksack, der auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch lag. Viele Worte brauchten sie ja auch nicht zu wechseln. Im vordersten Fach des Rucksacks lag immer ein Zettel mit einem Bild der Zielperson und den Zeit wann und wo dieser Mensch zu finden war. So lief Toni in zügigen Schritten dem Stuhl entgegen. Noch immer hatte Butch nicht aufgesehen und er würde es sicher auch jetzt nicht tun. Vom Stuhl nahm Toni den Rucksack, schnallte ihn sich um und wand dem Schreibtisch den Rücken zu. Je schneller er losging, um so besser. Wohin er musste, konnte er auch auf dem Weg dahin in Erfahrung bringen. Aus der kleinen Tasche, ganz außen, zog Toni den Zettel mit den Informationen und öffnete schon die Tür um den Raum zu verlassen, bis ihn Butchs dunkle Stimme noch einmal zurück blicken ließ:
“Um 11 bist du wieder zurück!” Vom Schreibtisch ging Tonis Blick an die große Uhr an der Wand. Fragend zog er eine Augenbraue nach oben. In fünf Minuten?
“Morgen Mittag um 11!”, sah Butch auf. Erstaunt blickte Toni zurück. So lange sollte er sich Zeit lassen? Wo war da der Hacken?
“Sei dieses Mal pünktlich!”, gab Butch ihm mit einem Lächeln zu verstehen, dass er es wohl gewesen war, der ihm so viel Freizeit verschafft hatte. Ein flüchtiges Lächeln kam dabei auch über Tonis Lippen, dann lag die Aufmerksamkeit des Hünen wieder auf seinem Schreibtisch. Irgendwie war Butch in Ordnung, auch wenn er der einzige hier war. Mit so viel Freizeit, konnte Toni ja direkt noch eine Runde Skaten gehen, vorausgesetzt der Auftrag lag nicht wieder am anderen Ende der Stadt. Gedankenverloren verließ Toni den Raum und lass den Zettel durch. Marktstraße, das war ja nur ein Katzensprung von hier aus.
“Toni!”, rief ihm noch einmal die Stimme Butchs zu. Was er jetzt wohl noch wollte? Doch noch ein Hacken? Verstohlen sah Toni durch den Türspalt zurück.
“Sieh bei Gelegenheit mal in der Tasche rechts außen nach!”, rief Butch ihm zu, ohne auf zu sehen, dann war wieder Ruhe. Die rechte Tasche? Mit einer Hand taste Toni hinter sich. Ja irgendetwas hatte Butch ihm eingepackt. Sonst war dieser Teil des Rucksackes immer leer gewesen. Neugierig geworden, zog Toni den Reißverschluss auf und aus der Tasche einen kleinen Beutel. Kekse? Er hatte ihm Schokoladenkekse eingepackt? Ungläubig blieb Tonis Blick auf dem Beutel haften, sah von ihm ins Büro zurück. Butch war schon wieder in seinen Akten vertieft, hatte dabei allerdings ein zufriedenes Lächeln aufgesetzt. Der Tag begann reichlich seltsam, trotzdem ein kurzes Lächeln konnte sich Toni nicht verkneifen. Die würde er verschlingen, sobald er das Hochhaus verlassen hatte. Schnell stopfte er den Beutel zurück in den Rucksack, bevor ihn hier jemand damit sah und lief los. Geradewegs auf den Fahrstuhl zu, der sich schon wie von Geisterhand gesteuert, für ihn öffnete und damit hinab ins Erdgeschoss.


Die Nacht wisch dem Morgen, die ersten Sonnenstrahlen weckten die Stadt. Durch die Fensterscheiben der Häuser erreichte das Morgenrot Enrico. Auf dem Sofa seines Bruders war er eingeschlafen und hatte es noch nicht einmal gemerkt. Blinzelnd sah er zum Fenster hinaus. Mit einem Gähnen begrüßte er den roten Feuerball am Himmel. Ob es schon Zeit zum Aufstehen war? Unter der Decke zog Enrico seinen Arm hervor und sah auf die Armbanduhr darum. Erst um fünf? Von seinem Arm fiel Enricos Blick zurück auf die Decke. Wo war die denn her gekommen und war er nicht im Sitzen eingeschlafen? Dunkel konnte sich Enrico erinnern auch noch ein Stück der Pizza in der Hand gehabt zu haben. Wo war das gelandet? Vom Abendessen stand nichts mehr auf dem kleinen Stubentisch.
“Raphael!”, seufzte Enrico und verdrehte dabei die Augen. Da waren wohl mal wieder die Vaterkomplexe mit seinem Bruder durch gegangen. Er war lange kein Kind mehr, das man hinlegen und zudecken musste. Kopfschüttelnd schlug Enrico die Decke zurück. Es war zwar noch lange nicht Zeit für die Schule, aber länger konnte er nicht mehr schlafen. Der vergangene Abend spukte ihm noch immer durch den Kopf. Alles was Raphael gesagt hatte, worüber sie noch lange gesprochen hatten.
Das etwas mit seiner Familie nicht gestimmt hatte, war ihm schon immer klar gewesen. Immerhin wäre er sonst nicht im Heim groß geworden. Aber mit so etwas hatte er nicht gerechnet. Eine Mutter die ihn verkaufen wollte, nur für ihren Drogenkonsum. Was waren denn das für Zustände und Raphael hatte das alles stumm mit sich herum getragen. Hatte sich geduldig sein Gejammer angehört und immer wieder den Wunsch ertragen müssen, dass er zu Mutter und Vater zurück wollte. Hätte Raphael nur früher sein Schweigen gebrochen, dann hätte Enrico sich ganz anders verhalten.
Aber sich darüber den Kopf zu zerbrechen würde die Vergangenheit nicht mehr ändern. Stattdessen erhob Enrico sich und lief in die Küche. Den Morgen musste er seinen Bruder irgendwie versüßen. So warf Enrico erst einmal die Kaffeemaschine an und sah im Kühlschrank nach. Eier und ein bisschen Wurst zum Braten, gab dieser noch her, auch eine Pfanne war schnell in Raphaels Schränken gefunden.
Selbst wenn Kochen nicht gerade einer seiner Stärken war, sollte sein Bruder mal ordentlich Frühstücken, bevor er zur Arbeit musste. Ohnehin war Raphael ein Morgenmuffel und verschlief regelmäßig. Nicht selten ging er dadurch ohne Frühstück aus dem Haus.
Nach den gebratenen Eiern warf Enrico noch zwei Brötchen zum Aufbacken in den Offen, dann ließ er die Küche hinter sich. Um seinen Bruder zu wecken, schlich er sich durch den Flur in dessen Schlafzimmer. Wie nicht anders zu erwarten, schlief Raphael noch tief und fest. Dabei musste er in einer dreiviertel Stunde auf Arbeit sein. Der Wecker zu seiner Rechten hatte sicher schon umsonst geklingelt. Mit einem Schmunzeln trat Enricos ein. Auf Zehenspitzen schlich er sich bis zum Bett. Dann sprang er ab, warf sich mit seinem ganzen Gewischt Raphael auf den Rücken.
Schreien schreckte dieser aus dem Schlaf hoch:
“Ahh du Teufel! Verschwinde!”, schimpfte er vergeblich. Enrico ließ sich nicht vertreiben oder gar abschütteln. Mit den Knien im Rücken seines Bruders, hielt er ihn fest und hatte die Arme frei, um ihn mit einem Kissen zu verprügeln.
“Los steh auf du Schlafmütze, sonst kommst du wieder zu spät!” Dieses mal würde sein großer Bruder genug Zeit zum Frühstücken haben, dafür würde erschon sorgen. Es dauerte auch nicht lange bis Raphael munter genug war, um sich mit einem zweiten Kissen zur Wehr zu setzen. Geübt wehrte er Enricos Angriffe ab und warf ihn schließlich von seinem Rücken auf den Boden neben dem Bett.
“Mistkerl!”, schimpfte er aufgebracht und kniff ihm immer wieder in die Seiten. Enricos einzige Schwachstelle. Klar das Raphael zu unfairen Mittel griff. Am Boden wand sich Enrico wie ein All auf dem trockenen.
“Nicht! Gnade!”, flehte er umsonst. Je mehr er um Mitleid bettelte, umso mehr Freunde schien es Raphael zu bereiten.
“Ich hab Frühstück gemacht!” Vielleicht half ja wenigstens das seinen Bruder zu besänftigen und tatsächlich, für einen Moment hielt Raphael inne und sah auf die Tür des Schlafzimmers.
“Deswegen riecht’s hier so verbrannt.” Verbrannt? So schnell konnten die Brötchen gar nicht fertig… Oder hatte er die Eier vergessen vom Herd zu nehmen? Hastig sprang Enrico auf. Das durfte nicht sein. Er hatte sich so viel Mühe damit gemacht. Mit schnellen Schritten lief er in die Küche zurück, sah auf das gemachte Frühstück. Aber alles war noch so wie er es verlassen hatte.
“Du Idiot! Hier ist gar nichts angebrannt!”
“Ich weiß! Ich wollte nur noch ein paar Minuten meine Ruhe vor dir haben!”, kam aus dem Schlafzimmer zurück.
“Vergiss es. Du musst gleich auf Arbeit und ich will noch in den Skaterpark.” Ausnahmsweise hatte Enrico heute erst zur vierten Stunde Schulebeginn. Ein Lehrer war krank, ein weiterer mit der Prüfung der zehnten Klasse beschäftigt. Da blieb noch genug Zeit, um eine Runde Skateboard zu fahren, vorausgesetzt Raphael kam früh genug aus dem Bett.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyFr Nov 14, 2008 6:03 am

Mit dem Aufgehen der Sonne, baute Toni sein Scharfschützengewehr wieder auseinander, verstaute es in seinem Rucksack. Eine Kugel hatte wie immer ausgereicht. Mehr hatte er auch gar nicht mit bekommen. Bis zum Sonnenaufgang hatte Toni warten müssen. Die Zielperson war gerade von der Nachtschicht nach Hause gekommen, als der Schuss ins Genick tötete.
Einmal mehr war ein Auftrag erledigt und wie immer hatte niemand etwas gemerkt. Sicher würden Stunden vergehen, bevor jemand die Leiche im verschlossen Apartment fand. Ein Blick auf seine Armbanduhr verriet Toni, dass es gerade mal halb sechs war. So viel Zeit, was fing er nur damit an? Nach einem Schokoladenkeks der im Ganzen in seinem Mund verschwand, erhob sich Toni. Auf dem Dach eines Hauses hatte er sich auf die Lauer gelegt, hatte ausgeharrt, bis sein Opfer die Wohnung im Nachbarhaus betrat, dann hatte er zugeschlagen. Nicht einmal eine Fensterscheibe war dabei zu Bruch gegangen. Wer auch immer der Mann gewesen war, den Toni hatte töten müssen , er war nicht sonderlich vorsichtig gewesen. Wer ließ schon die ganze Nacht das Schlafzimmerfenster offen, wenn er nicht einmal zu Hause war?
Um so besser für Toni, so war noch nicht einmal ein Nachbar auf den Schuss aufmerksam geworden. Den Rucksack schnallte er sich wieder auf den Rücken, dann stieg er über die Feuerleiter vom Dach. Bis um 11, da lohnte sich ein Besuch im Skaterpark ja richtig. Um die Zeit musste er sich noch nicht einmal um die Rampen und Halfpipes streiten. Alle Kinder schliefen noch oder machten sich fertig für die Schule. Keiner der größeren Kerle würde ihn verjagen.
Voller Vorfreude lief Toni über die noch leeren Straßen und in den nahen Stadtpark. Hier in mitten von gepflegten Grünanlagen, lag sein Himmelreich. Ein großer Platz, bebaut mit Hindernissen und großen Rampen. So selten fand er die Zeit hier her zu kommen, dass Toni erst einmal überlegen musste, wo er sein Skateboard versteckt hatte. Da er fast nie die Zeit hatte, einen Besuch hier zu planen, hatte er irgendwo auf dem Platz ein Skateboard gebunkert, jetzt musste er es nur noch finden. Ein weiterer Keks fiel dem Denkprozess zum Opfer. Wahrlich es tat gut endlich wieder zu essen, wann immer er es wollte. War es unter einer der Halfpipes gewesen? Nein zu auffällig, oder doch in einem der Büsche, aber da wäre es zu schnell dem Wetter zum Opfer gefallen.
Von all den Hindernissen die hier aufgebaut waren, wanderte Tonis Blick auf einen der Bäume, am Rand der Anlage. Langsam glitt sein Blick am Stamm hinauf. Genau, da oben. Vor Jahren hatte dort ein Blitz eingeschlagen, hatte den Stamm ausgebrannt. Ein sicheres Versteck, weit über den Blicken aller, die hier vorbei kamen.
Den schweren Rucksack auf seinem Rücken warf Tonis ins Gras und kletterte geübt am Stamm hinauf. Die Äste boten Halt, auch wenn sie schon morsch waren. Sein Fliegengewischt trugen sie noch spielend. Bis in die Krone des Baumes musste Toni klettern dann hatte er das tiefe Loch gefunden. Eingewickelt in ein Bettlagen, hatte er dort seinen Schatz versteckt. Behutsam hob er das Bündel aus dem Stamm und trug es hinab auf den sichern Boden. Schnell war das Skateboard ausgewickelt und das Lacken ins Gras geworfen. Der einzige Gegenstand in seinem Besitz, der kein Drachensymbol trug. Statt diesem Unglück bringenden Fabelwesen, heulte ein Wolf auf dem Skateboard. Endlich mal eine Abwechslung.
Der letzte Keks verschwand in Tonis Mund, dann war er gestärkt für eine Runde über die Hindernisse. Wenigstens für ein paar Stunden frei von allen Sorgen, entdeckte er einmal mehr die Halfpipe, für sich. Je hoher ihn das Skateboard trug, je gewagter seine Tricks dabei wurden, um so freier fühlte er sich. Das erste Mal seit langem war er wieder zufrieden. Bis ihn eine Stimme auf den Boden zurück holte:
“Hier treibst du dich also immer rum? Schwänzt wohl gern die Schule was?” Erschrocken von den Worten, die eindeutig an ihn gerichtet waren, verlor Toni den Halt auf seinem Bord und rutschte die Pipe auf den Knien hinab.
Woher war diese Stimme auf einmal gekommen und zu wem gehört sie? Vergeblich sah er sich nach einer Person um. Der Platz war leer. War die ganze Freizeit vielleicht nur eine Falle gewesen? Ein Weg heraus zu finden, was er tat, wenn er mit einem Auftrag zeitiger fertig wurde? So viel Freundlichkeit war ihm gleich seltsam vorgekommen. Aber wieso Schule?
“Sag bloß ich hab dich erschreckt!”, erklang die Stimme erneut. Hinter der Pipe tauchte eine Gestalt auf. Blonde Haare, ein blaues Hemd, eine kurzen Hose und eisblaue Augen. Den hatte er schon so oft gesehen. Natürlich, der einzige der spielte, wenn alle anderen zu tun hatten. Finster wurden Tonis Gesichtszüge, als ihm das Skateboard in der Hand des Blonden auffiel. Er hatte doch nicht etwa vor hier zu Fahren oder? Da hatte er einmal Spaß und dann das. Konnte der sich nicht einen anderen Spielplatz suchen?
“Du trägst ja heute gar nicht die coole Jacke. Wo hast du die überhaupt her?” Jacke? Wovon sprach der Typ und warum redete er überhaupt mit ihm? Was sollte das alles? Argwöhnisch beobachtete Toni jeden Schritt, den der Blondschopf näher kam. Langsam richtete er sich dabei wieder auf. Der Kerl war ihm eindeutig nicht geheuer. Gut zwei Schritte vor ihm blieb er stehen, und stützte sich auf das Skateboard, das er hochkant vor sich abgestellt hatte. Musternd lag sein Blick auf Toni.
“Hast dich heute wohl schon öfters hin gepackt, was?” Ob das wohl eine Anspielung auf die etlichen blauen Flecke in seinem Gesicht und an den Armen war? Beinah automatisch glitt Tonis Hand an seine verletze Wange. Ob wohl noch Blut an ihr klebte?
“Deine Tricks waren echt genial. Kannst du mir zeigen wie du die gemacht hast?” Konnte man denn irgendwie abstellen? Wieso redete der ohne unterlass? Aus welcher Irrenanstalt hatte man den bitte raus gelassen?
“Du darfst ruhig auch mal was sagen!” Ja toll, nun wurde er auch noch dazu genötigt zu Antworten. Dabei hatte er überhaupt keinen Nerv dafür. Er wollte nur die wenige Zeit nutzen und fahren, seinen Alttag vergessen. Stattdessen begann der Blonde ihn zu umrunden und gab erneut ein Urteil über ihn ab:
“Du bist echt seltsam!”, von unten herauf wanderte der Blick des Blondschopfes an ihm empor, bis er ihm direkt in die Augen sehen konnte. Für einen Moment herrschte Schweigen, aber nicht für lange:
“Schau nicht so finster!”, mahnte der Zwerg. So klein und so eine große Klappe. Tatsächlich musste der Blonde zu ihm aufsehen, um ihm ins Gesicht sehen zu können.
“Wieso nervst du mich?”, rang sich Toni zu einer Frage durch. Unfreundlich und schroff war seine Stimme dabei, in der Hoffnung diesen Kerl los zu werden. Vergebens.
“Ah du kannst Sprechen, welch Überraschung! Verstehst du auch was ich sag?” Was war er denn für ihn? Ein Affe im Zoo? Natürlich verstand er, nur hatte er keine Lust auf so dumme Fragen zu antworten. Wieder schwieg Toni.
“Du bist vielleicht schwierig!” Endlich, er wand sich ab, ging zurück zu seinem Skatbord. Würde er jetzt verschwinden und ihn in Ruhe lassen?
Natürlich nicht. Mit einem Seufzen sah Toni dem Fremden dabei zu, wie er sich auf sein Bord stellte und los fuhr. Immer auf und ab auf der Pipe, auf der Toni fahren wollte. Dabei konnte er sich kaum auf dem Brett halten. Kopfschüttelnd beobachtete Toni ihn eine Weile. So unsicher, was hatte so jemand hier auf dem Platz verloren. Denn hätte man ja alles beibringen müssen.
Je länger Toni dieser schlechten Vorstellung zusah, um so mehr wuchs in ihm die Lust darauf, selbst zu fahren, es besser zu machen, zu demonstrieren, das der Blonde mit seinem Können hier nichts verloren hatte. Schließlich fand sich Toni zurück auf der Pipe und auf seinem Bord. Er brauchte nicht lange um wieder Geschwindigkeit in die Rollen an seinem Brett zu bekommen, den Fremden einzuholen und ihn mit seinen Sprüngen zu übertreffen. Immer wieder sahen die eisblauen Augen zu ihm auf, staunten über das was er hier tat.
“Wie machst du das?”, hörte er ihn immer wieder fragen, “Du musst mir unbedingt zeigen wie das geht!”
“Warum?”, bracht Toni sein Schweigen erneut. Was war schon so wichtig daran ausgerechnet seine Tricks zu können. Sie waren nichts besonderes, genau so wenig wie er selbst.
“Ich will das auch können!” Was für ein Träumer. Er hatte doch schon Schwierigkeiten bei der Geschwindigkeit nicht vom Bord zu fallen.
“Das schaffst du nicht mal in hundert Jahren!”, war sich Toni sicher.
“Angeber!” Anstatt endlich Ruhe zu geben und sich Hindernisse zu suchen, die seinem Können gerecht wurden, versuchte dieser Kerl doch tatsächlich mit ihm mit zu halten, seine Sprünge nach zu machen. Kaum gelang ihm einer der einfachen Drehung, versuchte er sich gleich an einem seiner Sprung. Das war eindeutig verrückt und funktionierte auch noch. Egal wie schnell Toni fuhr, er wurde diesen Kerl nicht los und irgendwie fing es an Spaß zu machen. Wettzueifern, wer schneller fuhr, wer höher sprang oder gefährlicher Tricks ausführen konnte. Wurde er jetzt auch verrückt. wie dieser Kerl? Ganz gleich, es bereitete ihm Freude, auch wenn er den Grund dafür nicht verstand.

Die Stunden vergingen, Toni merkte es gar nicht. Die Schmerzen vom Vortag waren vergessen, die finstere Stimmung ersetzt durch ein Schmunzeln, wenn der Fremde mal wieder vom Bord fiel. Einige der Stürze hatte sicher mächtig weh getan, trotzdem stand der Blonde immer wieder auf und fuhr ihm nach, bis eine der Drehungen endlich klappte. Am Ende erschien er ihm bald genau so übel zugerichtet wie er selbst. Verrückt, dachte Toni immer wieder, bis ihr Wetteifern von einem Läuten unterbrochen wurde.
Hinzufallen, sich die Knie wund zuschlagen, hatten den Blonden nicht dazu gebracht aufzuhören, mal auszuruhen. Dieses Geräusch jedoch, ließ ihn von der Pipe fahren und anhalten. Was wohl jetzt wieder in ihn gefahren war?
“Der Eismann, los wir holen uns eines!” Erwartungsvoll sahen die eisblauen Augen zu ihm zurück. Der glaubte doch nicht etwa das Toni mit ihm kam. Ein Eis, so etwas konnte er sich gar nicht leisten.
“Ich hab kein Geld!”, machte Toni ihm klar und fuhr von der Pipe.
“Ich aber! Für zwei Kugel wird’s schon reichen! Los komm, bevor er wieder weg fährt.” Mit dem Board unter dem Arm lief der Blonde los. Toni hingen blieb unentschlossen zurück. Er wollte ihm ein Eis kaufen? Einfach so? Was musste er wohl dafür tun? So ganz ohne Gegenleistung würde er so etwas außergewöhnliches sicher nicht bekommen, oder?
“Wo bleibst du denn?”, rief ihm der Blonde aus der Ferne zu. Sollte er wirklich? Nur langsam setzte sich Toni in Bewegung, folgte dem fremden Jungen durch den Park. Die Verlockung war zu groß, um einfach nein zu sagen. Ein Eis hatte er noch nie gegessen. Alle Welt tat das, nur er nicht. Was sie wohl alle so toll daran fanden? Selbst der Blonde schien es zu mögen, wenn er dafür das Skaten sein ließ.

Vor einem bundbemalten Transporter war der Blonde stehen geblieben und sah sich die Tür des Wagens an. Auf ihm waren ballartige Gebilde in den unterschiedlichsten Farben abgedruckt .
“Ich glaub ich nehm Vanille!”, überlegte der Blondeund sah dann auf ihn, “Und, was willst du?” Ja , genau diese Frage wollte Toni nicht hören. Er wusste noch nicht einmal was die Geschmacksrichtungen bedeuten. Bis auf eine, die Dunkle, klar das er mal wieder nur das Schwarze verstand.
“Keine Ahnung. Ich hab noch nie ein Eis gegessen!”, versuchte Toni die Wahl noch etwas hinaus zu zögern, erntete aber nur ungläubige Blicke. Ja klar, das glaubte man ihm natürlich wieder nicht.
“Ich nehm Schokolade!”, entschied Toni schnell, bevor noch dumme Fragen gestellt wurden, dann richtete der Blonde ihre Bestellung an den Besitzer des Eistransporters. In einer Waffel reichte dieser ihnen jeweils eine Kugel des gewünschten Eises. Argwöhnisch nahm Toni die Waffel entgegen. Wie aß man das eigentlich? Er hatte noch nie wirklich darauf geachtet oder einen Gedanken daran verschwendet und nun wurde das, zum schier unüberwindlichen Hindernis. Verstohlen sah Toni auf den Fremden. Dieser hatte sich auf seinem Skateboard nieder gelassen und machte vor, was ihm so schwer erschien. Einfach anlecken? Na einen Versuch war es wert.
“Das ist ja kalt!”, stellte Toni fest. Verständnislos sah der Blonde ihn daraufhin an. Prima, er hatte sich mal wieder voll zum Deppen gemacht.
“Du hast wirklich noch nie ein Eis gegessen, oder?” Schön dass ihm wenigstens jetzt geglaubt wurde. Mürrisch ließ auch Toni sich auf seinem Skateboard nieder und sah auf die Eiskugel. Irgendwie erbärmlich, nicht mal so etwas einfaches kannte er.
“He mach dir nichts draus, sag mir lieber ob’s dir schmeckt!” Einen aufmunternden Blick warf ihm der Blonde bei seinen Worten zu. Wie konnte der Kerl nur die ganze Zeit so fröhlich sein? War das nicht anstrengend? Noch einmal leckte Toni über die gefrorene Kugel, um mehr sagen zu können:
“Naja, es schmeckt nach Schokolade!” Der freundliche Blick des Blonden wurde zu einem Grinsen, bis er schließlich in einen herzhaftes Lachen ausbrach. Toll nun wurde er auch noch ausgelacht. Was war überhaupt so witzig daran, immerhin stimmte es doch?
“Du bist schon in Ordnung!”, brachte er zwischen seinem Lachanfall heraus und verwirrte Toni nur noch mehr. Erst lachte er ihn aus und dann fand er ihn in Ordnung? Wie passte das denn zusammen?
“Sag mal hast du auch einen Namen?” Sicher, welch überflüssige Frage.
“Toni!”, gab Toni ihm misstrauisch zurück. Noch immer war der Blonde einem erneuten Lachanfall so nah, das Toni kaum wagte seinen Namen aus zu sprechen. Würde er auch darüber Lachen?
“Schön, ich bin Enrico!”, war die unerwartete Antwort. Enrico also, na den Namen und das passende Gesicht dazu, würde er so schnell nicht wieder vergessen.
“Oh mist, schon so spät. Ich muss zur Schule!” Auf einmal sprang Enrico auf. Zur Schule? Stimmt, dort verbrachten gewöhnliche Kinder ja ihren Vormittag, aber hieß das jetzt…? Erschrocken sah auch Toni auf die Uhr. Wie lange waren sie überhaupt gefahren? Die Zeit und das er pünktlich sein musste, hatte Toni total vergessen. Ein Blick auf die Armbanduhr verriet: Viertel Elf. Gut, das war noch zu schaffen. Vorausgesetzt er ging sofort los:
“Ich muss auch heim!”
“Gut dann bis hoffentlich bald!”, damit lief Enrico los, rannte über den Rasen zurück in Richtung Skaterpark. Bevor er zwischen den Bäumen verschwand sah er noch einmal zurück:
“Ach Toni! Ich spiel heute Abend auf dem Sportplatz mit ein paar Freunden Fußball. Du kannst ruhig auch kommen wenn du Lust hast!”
“Ich … ich glaub nicht, dass ich da noch mal raus darf!”, rief Toni nur kleinlaut.
“Ach so spät spielen wir gar nicht. Um sechs rum geht’s los!”, noch während seiner Worte verschwand Enrico zwischen den Bäumen und Sträuchern. Bedrückt blieb Toni zurück. Gern hätte er am Abend mitgespielt, aber für gewöhnlich wurde er nach einem Auftrag in sein Zimmer eingeschlossen und erst für den nächsten wieder heraus gelassen. Das war heute sicher nicht anders. Mit einem enttäuschten Seufzer sah Toni auf das Eis, das schon geschmolzen über seine Hand lief. Warum konnte er nicht sein wie andere Kinder? Dann wäre ein Wiedersehen nicht so unmöglich gewesen.
Mit einem Kopfschütteln vertrieb Toni diese Gedanken aus seinem Kopf. Er musste nach Hause, sonst gab es wieder Ärger. Er hatte lange genug gespielt. Das musste reichen. Mit der Waffel in der Hand, von der er die letzten Restes des Eises leckte, lief Toni zum Versteck im Baum zurück, um sein Skateboard für kommende Fahrten zu bunkern. Dann nahm er seinen Rucksack und lief zurück nach Hause, in der Hoffnung noch rechtzeitig dort anzukommen.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyFr Nov 14, 2008 4:51 pm

Hi Enrico, ich finde den Teil nicht schlecht, und freue mich auf Neues. Hab dir eine Private Nachricht geschrieben.

Gruß der Seelenwanderer

PS:Am liebsten würde ich sofort alles weiter lesen, und damit meine ich wirklich alles was du bisher geschrieben hast... Cool
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyFr Nov 14, 2008 5:07 pm

5.Kapitel
~Hunger und tote Tauben~


Nachdenklich lief Toni nach Hause. Die Zeit reichte aus, dass er nicht wie sonst hetzen musste. Dieser Fremde war seltsam gewesen. Benahmen sich so normale Kinder? Bisher war dieser der Erste gewesen, der ihn einfach so angesprochen hatte, der freundlich zu ihm war. Begegnete er sonst anderen Kindern im Park, sahen die ihn nur misstrauisch an, als würden sie ahnen, in welch dunkle Machenschaften er verwickelt war. Dieser Kerl aber hatte sich noch nicht einmal mit Unfreundlichkeit vertreiben lassen. Warum?
Vergeblich suchte Toni nach einer Antwort auf seine Fragen und bog um das letzte Haus. Schon von weitem war der Wolkenkratzer zu sehen. Gleich war er wieder zu Hause. Zurück in der eintönigen Hölle. Was ihn wohl heute dort erwartete. Pünktlich war er, hatte sogar noch eine viertel Stunde Zeit. Sein Auftrag war auch erledigt, vielleicht hatte er heute mal Ruhe.
Nur widerwillig lief Toni dem Eingang entgegen. Einmal mehr begleitete ihn eine tiefe innere Abscheu vor diesem Ort. Wenn er einmal hinter der Glastür verschwand, war er eingesperrt, bis seine Auftraggeber ihn wieder zum töten raus ließen. Trotzdem, es half nichts. Durch die Tür trat Toni ein in die Empfangshalle. Heute wartete hier niemand auf ihn. Logisch, er war ja auch zu früh. Michael brauchte Butch nicht los schicken, um ihn zu holen. Blöd nur, dass er nun erst mal einen der großen Chefs finden musste, um bescheid zu geben, dass er zurück war. Der Wolkenkratze hatte 60 Stockwerke, schwer zu sagen in welchem sie sich aufhielten. Mit einem Seufzen sah Toni sich in der Empfangshalle um. Etwas abseits stand eine Gruppe Jungen, die zu Michaels Schülern gehört. Sicher wussten sie wo ihr Mentor zu finden war, aber würde sie ihm dass auch sagen? Den drei Gestalten war nicht zu trauen. Der Größte von ihnen war es gestern gewesen, der ihn von hinten fest gehalten hatte, während Michael zu schlug. Nicht selten hatte Toni auch im normalen Alltag Stress mit ihm. Aber welche Wahl hatte er schon? Mit langsamen Schritten hielt Toni auf die Jungengruppe zu und fragte sie so ruhig er konnte:
“Habt ihr Michael oder Butch gesehen?” Sofort lagen die Blicke der Jungen auf ihm. Natürlich, ihr Lieblingsopfer war zurück, da hatten sie endlich keine Langeweile mehr.
“Sieh einer an, du kannst ja sogar pünktlich sein!”, kam von einem der drei, während ein andere ihm sofort ins Wort fiel.
“Das liegt doch auch nur daran, dass Butch ihn schon so früh losgeschickt hat!” So würde er ganz sicher nicht an die gewünschte Information kommen. Anstatt seine Zeit mit den drei Jungen zu verschwenden, ging Toni einfach weiter, bis ihn eine Hand am Kragen packte und zurück zog.
“Bleib doch noch ein bisschen!”, erklang die miese Stimme Andys, dem größten der drei. Seine Absichten waren klar, würde er ihn lange genug aufhalten, kam Toni zu spät.
“Willst du nicht ein wenig deiner kostbaren Zeit mit uns verbringen!” Nein wollte er nicht!
“Nein!”, antwortet Toni ihm eisern und versuchte sich loszureißen. Er musste hier weg. Um das zu verhindern ergriffen die Jungen seine Arme, zogen ihn in ihre Mitte. Zu spät um wegzulaufen. Hätte er sie nur nie angesprochen.
“Lasst mich in Ruhe!”, protestierte er vergebens. Umzingelt von den Jungen, die alle gut drei Jahre älter waren, gab es kein Entkommen. Er würde wieder zu spät kommen, wieder nichts anständiges zu essen.
“Komm gib’s zu, du bist doch gern bei uns!”, gab es dafür Spot im Überfluss.
“Wir haben auf dem Speicher noch ein paar Knaller gefunden, wir sollten mal testen ob die noch gehen!” Knaller? Oh nein, das hatte er ein mal hinter sich, das reichte. Verzweifelt versuchte sich Toni aus dem Griff der Jungen zu reißen, ihnen zu entkommen. Zu dritt aber waren sie ein schier unüberwindliches Hindernis. Panik erfüllte ihn, die Schmerzen, die Verbrennungen am ganzen Körper, das sollte nicht noch einmal geschehen. Warum konnten sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Was hatte er ihnen denn überhaupt getan? Vergeblich stemmte sich Toni gegen die Kraft der drei Jugendlichen, die ihn mit sich zogen, bis eine tiefe Stimme nach ihm rief:
“Toni!” Butch? Hilfe suchend sah Toni sich nach dem dunkelheutigen Hünen um. Das wäre seine Rettung gewesen. Als er ihn mit den Augen nicht finden konnte, wollte Toni nach ihm rufen, aber kein Wort kam über seine Lippen, als sie ihm einfach den Mund zu hielten. Er war hier, warum konnte Butch ihn nicht einfach finden? Stattdessen öffnete sich vor ihm der Fahrstuhl, war er erst mal in der Kabine, konnte ihm niemand mehr helfen. Energisch drückte sich Toni gegen die Gewalt seiner Peiniger. Wieder vergebens.
“Lasst den Blödsinn!” Die Stimme Butchs war auf einmal so nah. Eine Hand zog Toni vom Fahrstuhl weg, befreite ihn aus dem Griff der Jungen.
“Habt ihr nichts besseres zu tun?”, mahnte die tiefe Stimme, verscheuchte die Jugendlichen fürs erste. Murrend stiegen sie allein in den Fahrstuhl.

Als sich die Türen schlossen, der Fahrstuhl ohne ihn los fuhr, sah Toni aufgelöst an seinem Retter empor. Wie gern wäre er ihm dafür um den Hals gefallen, aber so ein Verhalten hätte nicht einmal Butch geduldet.
“Du musst langsam lernen dich zu verteidigen.”, meinte er ruhig. Butch wusste genau was hier gespielt wurde. Anders als die meisten, verschloss er nicht die Augen vor den Grausamkeiten der Jungen untereinander. Aber er konnte auch nicht überall sein.
“Ich weiß!”, entgegnete Toni nur kleinlaut. Er war nun mal von Natur aus ruhig und keine Kämpfernatur.
“Komm mit mir!” Der große Mann im weißen Ledermantel ging voraus. Über das Geschehen wurde wie üblich kein weiteres Wort verloren.
Ein zweiten Fahrstuhl brachte sie stattdessen in den 20 Stock. Die Cafeteria? Was wollten sie denn hier? Als sich die Türen des Fahrstuhls öffneten, drückte Butch ihm eine gelbe Plastikmarke in die Hand. Ein Lächeln begleitete sein Tun, als er meinte:
“Geh und hol dir dein Mittagessen. Wenn du fertig bist komm aufs Dach. Michael will dich sehen!” Ehrlich? Er durfte sich etwas zu Essen holen? Sogar etwas aussuchen? Von der Marke in seiner Hand sah Toni fragend zu Butch auf.
“Nun geh schon und beeil dich!” Das ließ sich Toni nicht zwei mal sagen. Aus dem Fahrstuhl stürmte er der Cafeteria entgegen. Hier wo er so selten essen durfte, wo alle die dem Clan angehörten das umsonst tun durften, würde er heute auch etwas bekommen. Die gelbe Marke erlaubte ihm aus allen Speisen zu wählen. Wie ein Fest erschien es Toni, als er vor der großen Auswahl hinter einer Glasscheibe stehen blieb. Was sollte er nehmen? Alles sah köstlich aus und roch auch so gut. Die Kekse und das Eis allein hatten seinen Hunger nicht stillen können. Eine große Portion Nudeln hingegen… Genau darauf hatte er Appetit. Der Verkäuferin deutete Toni mit einem Fingerzeig an, welches der drei Nudelgerichte er haben wollte, dann reichte er ihr die gelbe Marke. Schnell war ein Teller mit der köstlichen Speise gefüllt und über den Tressen gehoben. Endlich satt Essen. Strahlend nahm Toni den Teller entgegen, trug ihn wie ein Heiligtum vor sich her und zu einem freien Platz. Behutsam stellte er sein Mittagessen auf dem kleinen Tisch ab und setzte sich in den silbernen Alustuhl dahinter. Messer und Gabel lagen an jedem Tisch aus und waren schnell ergriffen und im Nudelhaufen versenkt.
“Ach, das schaffst du doch gar nicht allein!”, ertönte plötzlich eine gehässige Stimme. Erschrocken sah Toni auf. Andy? Der Chef der Dreierbande war auch zum Mittagessen hier? Aber anstelle sich selbst etwas zu kaufen, klaute er ihm einfach den Teller. Finster, einem ausgehungerten Tier gleich, sah Toni zu ihm hoch. Forderte grimmig:
“Stell’s wieder hin!” Um diesen Teller würde er kämpfen, den überließ er diesem Typ nicht.
“Oh, willst du dich etwa mit mir anlegen kleiner Aushilfsmörder?” Anstatt den Teller wie gefordert zurück zu geben, nahm sich Andy die Gabel und ließ die ersten Nudeln in seinem Mund verschwinden. Das war eindeutig zu viel. Wutentbrannt stand Toni auf und kletterte auf den Tisch, um groß genug zu sein. Während Andy den Teller hoch über seinen Kopf hielt, versucht Toni ihn sich zurück zu erobern. Das war sein Mittagessen. Ganze drei Tage hatte er darauf warten müssen. Was bildete sich dieser Kerl überhaupt ein? Er hatte genug gelbe Marken. Er konnte sich immer etwas zu Essen holen. Er brauchte diesen Teller nicht. Toni hingegen schon.
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Enrico
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Die Wölfe ~Zwei Streuner~ Empty
BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyFr Nov 14, 2008 5:07 pm

“Was soll der Scheiß?”, tönte eine raue Stimme, so dunkel und bedrohlich das Toni vor Schreck zusammen fuhr. “Runter vom Tisch!” Noch bevor er erkennen konnte aus welcher Richtung der Ruf kam, traf Toni schon ein Schlag in die Rippen und schleuderte ihn vom Tisch. Zwischen zwei umgeworfenen Stühlen blieb er liegen. Sah nach Luft ringend auf. Michael? Na toll. Von dem großen Mann fiel Tonis Blick auf den zerbrochen Teller neben sich. Bei seinem Sturz hatte er ihn mit gerissen, nun lagen die schönen Nudeln auf dem Boden verteilt. Das durfte einfach nicht wahr sein. Nicht einen Bissen hatte er davon abbekommen. Den Tränen nah, war Toni gleich was Michael über ihm predigte. Das schöne Essen. Er hatte doch solchen Hunger, war einer erste richtigen Mahlzeit so nah gewesen.
“Nicht zu fassen. Nichts als Ärger hat man mit dir. Los steh auf!”, donnerten die Worte Michaels auf ihn ein, während sein harter Griff ihn auf die Beine zog. Mit festen Schritten liefen er los und nahm ihn mit. Weg von dem Chaos, das sie hinterlassen hatten, weg von seinen Nudeln. Nur der Hunger blieb in Toni zurück.
“Hör auf zu heulen! Kein Wunder dass sie dich ständig als Ziel für ihre Späße nehmen!”, schimpfte der große Mann, als sie in den Fahrstuhl einstiegen. Beim Anblick des verlorenen Mittagessen hatte Toni nicht anders gekonnt. Ganz automatisch waren ihm die Tränen gekommen und wollten auch jetzt nicht versiegen. Was wusste Michael denn schon. Als einer der großen Drei kannte er gar keinen Hunger. Genau so wagte ihm keiner zu widersprechen, ihn gar anzugreifen.
“Ich versteh echt nicht warum Butch so einen Narren an dir gefressen hat. Aber verlass dich darauf, ich behalt dich im Auge Bandel!”, finster sahen die dunkelbraunen Augen auf ihn herab. Ein Blick zum fürchten. Eiseskälte lief Toni den Rücken hinab. Er hatte alles erledigt, war pünktlich zurück, wieso war Michael dann immer noch so sauer?

Die Türen des Fahrstuhles öffneten sich. Bis auf das Dach hatte er sie gebracht. Der einzige Ort zu dem nur er und die drei Anführer der roten Drachen Zutritt hatten. Scharfschützentraining, schoss Toni der Grund ihres Besuches hier. Nur dafür durfte er hier oben sein und das beste daran war, sie waren allein. Keine feindseligen Blicke, keine fiesen Worte. Hier oben war er ein Meister, der beste Schütze des Clans. Mit dem Ärmel wischte sich Toni die Tränen von Augen und Wangen und sah erwartungsvoll zu seinem Lehrer auf. Auf was er wohl heute schießen musste?
“Gib mir deinen Rucksack, ab heute wirst du denn nicht mehr brauchen!”, verlangte Michael, als sie den Fahrstuhl verließen. Erschrocken sah Toni den großen Mann an, gab nur zögernd seinen Rucksack her. Durfte er jetzt nicht mehr als Scharfschütze abreiten? Würde er ihm das einzige, was er wirklich konnte, wegnehmen? Was hatte er jetzt wieder falsch gemacht?
“Schau nicht so entsetzt, du bist von deiner Pflicht lange nicht entbunden!”, mahnte Michael sofort und ging voraus, lief einem Lüftungsrohr entgegen, auf dem ein Gitarrenkoffer lag. Was sollte er denn mit einem Musikinstrument?
“Mach ihn auf!”, forderte Michael als Toni ihn und den Koffer erreichte. Einen letzten fragenden Blick warf Toni ihm zu, dann öffnete er die Verschlüsse und klappte den Deckel hoch. Anstatt einer Gitarre, lag in dem Koffer ein auseinander gebautes Scharfschützengewehr. Eine perfekte Tarnung, für ein perfektes Werkzeug? Obwohl sich Toni bestens mit Schusswaffen auskannte, jede Marke auswendig wusste, war ihm diese Waffe fremd. Auch einen Herstelleraufdruck hatte es nicht. Dafür schlängelte sich ein roter Drache über den Lauf.
“Das ist eine Spezialanfertigung. Es ist um einiges leichter und präziser, als dein altes Gewehr. Bau es zusammen, ich will sehen ob du damit umgehen kannst!” War das sein Ernst? Mit so etwas wertvollem sollte er in Zukunft arbeiten. Es gab sogar einen Schalldämpfer, damit würde man den Schuss gar nicht mehr hören. Alles würde viel einfacher werden.

Wenige geübte Handgriffe und Toni hatte das Gewehr zusammen gebaut. Tatsächlich war es viel leichter als sein altes Gewehr, wog nicht einmal die Hälfte. Die Tage des Zitterns, nach langem Halten der Waffe, waren damit gezählt. Nach einem Blick durch den Sucher, war Toni von seinem neuen Werkzeug fasziniert. So weit konnte er damit sehen, hätte sogar die Tauben auf dem Dach am Ende der Straße anvisieren können. Ein roter Läserpunkt am Ziel ließ keinen Zweifel mehr daran zu, wohin die Kugel geschossen würde. Das Ziel zu verfehlen war schier unmöglich.
“Wo du schon mal dabei bist! Die Tauben hier oben gehen mir schon den ganzen Tag auf die Nerven. Mal sehen wie viele du triffst bevor sie davon fliegen!” Das war also sein Ziel für Heute? Tauben? Achselzuckend machte sich Toni keine weiteren Gedanken darüber, nahm stattdessen den Schwarm ins Visier, der über dem Dach kreiste und sich gelegentlich auf den Zielen nieder ließ, die überall aufgestellt waren. Während er eine Taube nach der anderen vom Himmel holte, ging Michael einige Schritte zurück, um von weitem sein Können zu beurteilen. Mit verschränkten Armen blieb er neben dem Fahrstuhl stehen, bis sich dieser öffnete. Butch war es, der sich zu ihnen gesellte, sehen wollte, was sein Schützling für Fortschritte machte:
“Und? Kommt er damit zurecht?”
“Ich versteh echt nicht, warum du ihm so eine Waffe besorgst!”
“Weil er der Beste ist!” Die Arme vor der Brust verschränkt sah Butch stolz auf Toni und das was er hier tat. Während Toni zu konzentriert war, um ihrem Gespräch zuzuhören fuhr Michael fort.
“Genau das macht mir sorgen!” Von Butch fiel auch Michaels Blick zurück auf Toni, “Ich hab noch nie jemanden so mit einem Scharfschützengewehr umgehen sehen! Egal wie schnell das Ziel auch ist und wie schlecht seine Ausrüstung, er trifft immer ins Schwarze. Mit dem Gewehr jetzt, ist er gefährlicher, als jeder meiner Straßenkämpfer da unten.”
“Und jetzt machst du dir Sorgen, er könnte auch uns gefährlich werden?”
“Das mach ich mir seid ich ihm das erste Mal ne Waffe in die Hand gegeben habe!”
Schweigen stellte sich ein, während Butch noch einmal über das Gesprochene nach dachte und schließlich entschlossen meinte:
“Er ist keine Gefahr!”
“Ja noch nicht! Lass ihn erst mal älter werden!”
“Dann solltest du ihn bis dahin vielleicht besser behandeln, damit er nicht auf die Idee kommt es dir heim zu zahlen”
“Willst du mir schon wieder vorschreiben wie ich meinen Job zu machen habe?”, entgegnete Michael gereizt. Seine Methoden hatten bisher bestens funktioniert und würden es auch weiterhin tun. Ein kurzer drohender Blick, dann glätteten sich Michaels Gesichtszüge wieder, als er weiter sprach: “Nein ganz ehrlich Butch. Er ist mir eingesperrt lieber! Nen Tiger lässt man schließlich auch nicht aus seinem Käfig”
“Ach komm schon, gib dir mal nen Ruck!”
“Du gehst mir auf die Nerven, weißt du das?” Schon seit Tagen, versuchte ihm Butch ins Gewissen zu reden, langsam war es genug. Mit einem Seufzer löste Michael die Verschränkung seiner Arme und ging mit langsamen Schritten auf Toni zu. Noch bevor er ihn erreicht hatte, donnerte seine finstere Stimme über das Dach:
“Toni es reicht. Ich hab genug gesehen!” Langsam hob Toni das Gewehr von der Schulter und sah verwirrt auf seinen Mentor. Noch immer kreisten einige Tauben über das Dach, selbst nach zweimaligem nachladen hatte er noch nicht alle erwischt und das reichte dem großen Mann für Heute?
“Bau es auseinander und dann verschwinde. Für Heute will ich dich nicht mehr sehen” Jetzt schon? Es war gerade erst Mittag und so früh sollte er schon in sein Zimmer? Den Rest des Tages eingesperrt? Toll, was sollte er da die ganze Zeit machen? Sein Zimmer war bis auf einen Schrank und Snowflake leer. Enttäuscht wand sich Toni dem Gitarrenkoffer zu und baute das Gewehr auseinander. Dabei hatte er mit jedem Schuss eine Taube getroffen. Das war nicht fair. Nach dem alle Teile in den Schaumgummifächern zurück gelegt waren und der Koffer wieder zugeklappt, ging Toni langsam dem Fahrstuhl entgegen. Was für ein scheiß Tag.
“Und Toni, bis um eins bist du wieder da, pünktlich verstanden?”, rief ihm Michael nach. Verwirrt sah Toni über die Schulter zurück. Wieder zurück? Er hatte Ausgang? Von Michael wanderte Tonis Blick auf Butch und wieder zurück. Er durfte gehen? Das Hochhaus verlassen ohne einen Auftrag und musste erst am nächsten Morgen zurück sein?
“Nun lauf schon, bevor er sich’s anders überlegt!”, rief Butch ihm zu. Damit war es also offiziell. Dann konnte er ja doch noch zum Fußballspielen. Von einem Moment auf den anderen war die Welt wieder in Ordnung. Den ganzen restlichen Tag frei, was konnte er da alles machen. Freudig lief Toni dem Fahrstuhl entgegen. Nur weg von hier, bevor Michael noch etwas sagen konnte. Als der Fahrstuhl sich öffnete und er einstieg, konnte Toni die beiden Männer noch mit einander sprechen hören:
“Du kannst ja doch ganz nett sein!”
“Bilde dir bloß nicht ein ich hätte ihm einen Gefallen getan. Ich habe heute ausnahmslos allen freigegeben. Heute um drei hab ich mit Sindy eine Verabredung und da will ich einmal ungestört sein!”
“Ah hat sie endlich mal zugestimmt mit dir aus zu gehen…!”, waren die letzten Brocken, die Toni mit bekam, bevor sich die Fahrstuhltüren schlossen. Sindy, die aus der Cafeteria? Aber was kümmerte es ihn. Er hatte frei, egal aus welchen Gründen. Blieb zu hoffen das Sindy noch oft mit seinem Chef ausging, dann war dieser vielleicht öfters so gut gelaunt.
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BeitragThema: Re: Die Wölfe ~Zwei Streuner~   Die Wölfe ~Zwei Streuner~ EmptyFr Nov 14, 2008 5:42 pm

Ok, so in der Richtung hab ich mir die Geschichte vorgestellt....bin mal gespannt wie es jetzt weiter geht.
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